Einleitung
Diese Sura gibt uns den Ausweg gegen jeden Aberglauben und Ängste, indem sie uns lehrt, zu Allah (t) Zuflucht zu nehmen – aber auch bei Ihm zu finden, und zwar vor jeder Art des Bösen, das aus der äußeren Natur und der Finsternis und dem bösen Verschwörertum anderer erwächst.

Sprich: ”Ich nehme meine Zuflucht zum Herrn des Frühlichts (113:1)
113:1-5 – ”Sind dir nicht die Verse bekannt, die diese Nacht offenbart wurden? Dergleichen hat man noch nicht gehört: »Sprich: >Ich nehme meine Zuflucht zum Herrn des Frühlichts.<« und »Sprich: >Ich nehme meine Zuflucht beim Herrn der Menschen.<«“ Dieser Hadith, der bei Muslim überliefert wird, macht den Stellenwert der beiden letzten Suren des Qur’an-Textes deutlich und lässt erahnen, welch ungeheuer tröstliche und befreiende Wirkung diese Suren auf die Gläubigen gehabt haben mögen, als diese Verse in Makka offenbart und der noch kleinen islamischen Gemeinde von ihrem Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, verkündet wurden. Mit dem ersten Vers dieser Sura, mit dem Allah (t) Seinen Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, und die Gläubigen auffordert, bestimmte Worte zu sprechen, die Angst, Aberglauben und alles Übel vertreiben. Dies bezieht sich insbesondere auf jene Kräfte in der Schöpfung, auf die wir als Menschen aus eigener Kraft keinen Einfluss haben, wie z.B. die Dschinn, den “Bösen Blick” usw. Allah (t) lässt in Seiner Güte die Gläubigen jedoch nicht allein in Angst und Hilflosigkeit, sondern eröffnet ihnen eine Möglichkeit, ihre Ängste abzulegen, Zuflucht in der Rechtleitung Allahs, im Bewusstsein und im Schutz Seiner Allmacht zu suchen und somit in Sicherheit und Sorglosigkeit zu leben. Als “Herr des Frühlichts” ist Er der Herr über den Wechsel von Tag und Nacht, einen Zeitenwechsel, der von der Drehung der Erde innerhalb des Sonnensystems abhängig ist. “Herr des Frühlichts” bedeutet also auch “Herr eines wohldurchdachten und vollkommenen Systems”, und in Qur’an-Kommentaren wird darauf hingewiesen, dass “Falaq” (Spaltung), nicht nur “Frühlicht”, sondern demnach auch “Gesamtheit der Schöpfung” bedeutet. Falaq kann außerdem “Spaltung der Dinge in zwei Komponenten” oder “Spaltung des Samenkorns durch Entsprießen der Pflanze” bedeuten. Vier Arten von Übel werden hier erwähnt – in diesem Vers das allgemeine Übel in bestimmten Teilen der Schöpfung und in den folgenden drei Versen drei weitere Arten, nämlich das Übel der Dunkelheit, das Übel der “Knotenanbläserinnen” und das Übel desjenigen, der neidet. Allgemein können wir zunächst einmal zwei Arten des Übels unterscheiden: das Übel, das von jemandem selbst ausgeht – nämlich die Sünden, die er begeht, und das Übel, das einem zustoßen kann – sei es durch andere Menschen, durch Dschinn, durch Tiere oder durch Naturereignisse. Beide Arten des Übels sind Gegenstand der “Zufluchtnahme” (Isti‘atha). Nach überwiegender Meinung der Qur’an-Kommentatoren ist unter “Dunkelheit” die Nacht zu verstehen – demnach spricht dieser Vers also das Übel an, das beim Hereinbrechen der Nacht auftaucht. Während der Tag Licht, Wärme und Sicherheit verbreitet, ist die Nacht die Zeit des Dunkels, der Kälte, der Unsicherheit und der Angst. Die Nacht ist z.B. die Zeit der Diebe und Verbrecher, die die Dunkelheit für ihre üblen, “dunklen” Zwecke nutzen, und die Nacht ist, was für Menschen in vielen Gebieten der Welt auch heute noch von größter Bedeutung ist, die Zeit der Raubtiere – die Nacht ist also die Zeit vermehrter physischer Gefahren, anders ausgedrückt, Gefahren “körperlicher Übel”, aufgrund derer sich der Mensch unsicher fühlt und ängstigt. Aber die Nacht ist auch die Zeit vermehrter irrationaler Ängste, also “seelischer Übel”. Bei diesen Knotenanbläserinnen handelt es sich um eine Art Priesterinnen von Al-Lat, die von den heidnischen Arabern als Göttin verehrt wurde. Die Knotenanbläserinnen galten als Zauberinnen; sie übten einen bestimmten “Knotenzauber” aus, indem sie Stricke verknüpften und jeden einzelnen Knoten anhauchten; damit sollten andere Menschen verhext werden. Diese Zauberei war eine Art von Magie, und sie steht hier in dieser Sura stellvertretend für Magie im Allgemeinen. Die Erwähnung der Zauberei in diesem Vers beweist, dass es Magie tatsächlich gibt und dass sie Schaden anrichtet; es ist eine bekannte Tatsache, dass Magie mit Täuschung, Betrug und Suggestion zusammenhängt, dass dabei mit den Gefühlen und Sinneswahrnehmungen der Menschen, ihrem Aberglauben und ihren Ängsten gespielt wird. Dagegen kann kein Mensch tatsächlich zaubern in dem Sinne, dass er etwas von Allah (t) Erschaffenes durch noch so geschickte Vorgehensweise verändert oder etwas von Ihm Gewolltes durch “magische Kräfte” oder Hexerei beeinflusst. Den Neid kann man in drei Kategorien einteilen: erstens in den Wunsch nach Aufhören einer Wohltat oder Gunst, die einem anderen zukommt; dann in den Wunsch, dass einem anderen gar nicht erst etwas Gutes widerfährt; und schließlich in den Wunsch, dass einen selbst dasselbe Wohlergehen trifft, ohne dabei dem anderen zu wünschen, dass die Wohltat, die ihm zuteil wurde, wieder verschwindet. (vgl. dazu den Titel: “Zum Verständnis des Al-Qur’an Al-Karim”, Islamische Bibliothek).

vor dem Übel dessen, was Er erschaffen hat (113:2)
Siehe 113:1

, und vor dem Übel der Dunkelheit, wenn sie hereinbricht (113:3)
Siehe 113:1

, und vor dem Übel der Knotenanbläserinnen (113:4)
Siehe 113:1

und vor dem Übel eines (jeden) Neiders, wenn er neidet.“ (113:5)
Siehe 113:1