Glaubensartikel

Die islamischen Glaubensartikel sind die “Eckpfeiler des Glaubens”.

Ohne ihre Anerkennung ist islamischer Glaube nicht möglich; denn das zweifelsfreie Überzeugtsein von ihrer Richtigkeit ist zugleich auch das verstandesmäßige Fundament, auf dem sich die religiöse Haltung im Islam erst entwickeln kann.

Die Glaubensartikel umfassen folgende sechs Punkte:

1. Den Glauben an Allah, den Einen Gott,

2. den Glauben an Seine Engel,

3. den Glauben an Seine Bücher,

4. den Glauben an Seine Gesandten,

5. den Glauben an das Jüngste Gericht und

6. den Glauben an die Vorherbestimmung.

Diese sechs Punkte bilden eine untrennbare Einheit; akzeptiert man einen Punkt nicht, leugnet man dadurch, wie wir sehen werden, zugleich auch die anderen.

1. Der Glaube an Allah, den Einen Gott: Der grundlegende Glaubenssatz des Islam lautet: La ilaha illa-llah (Kein Gott ist da außer Allah). Die Lehre von der Einheit Gottes (Tauhid) ist die Quelle aller islamischen Prinzipien und Verfahrensweisen, und es ist die Wahrheit des reinen Monotheismus, die sich gleichsam als roter Faden durch das gesamte Gefüge der islamischen Lebensweise zieht. Allah – dieser Eigenname Gottes besteht nach allgemeiner Auslegung der Islamwissenschaftler aus dem bestimmten arabischen Artikel “al” und dem Wort “ilah”, das “Gott” bedeutet.

Der Name “Allah”, der keinen Plural hat und nicht übersetzt werden kann, weist also auf Den Einen bestimmten und Einzigen Gott hin, den Gott Ibrahims (Abrahams), Musas (Moses), Ûsas (Jesu) und Muhammads, Friede auf ihnen allen. In Sura 112 heißt es: Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen! Sprich: Er ist Allah, ein Einziger, Allah, der Absolute (ewig Unabhängige, von Dem alles abhängt). Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt worden, und keiner ist Ihm gleich.

Die Harmonie und Vollkommenheit in der Natur, der Himmel mit Sonne, Mond und Sternen, der Wechsel zwischen Tag und Nacht und der Wandel der Jahreszeiten, die Anmut und Schönheit des menschlichen Körpers und die Vortrefflichkeit des menschlichen Geistes, dessen Begrenztheit doch so offensichtlich ist, das Geheimnis von Leben und Tod – alle diese Dinge deuten hin auf die Existenz ihres Schöpfers, Allah, Der größer ist als sie selbst. Wie Allah (t) im Quran lehrt, ist Er anders und unvorstellbar größer als all dies.

Weder in Seinem Wesen noch in Seinen Eigenschaften ähnelt Er irgendeinem Seiner Geschöpfe. Er steht über jeglicher Unvollkommenheit, vielmehr ist Er Selbst die Vollkommenheit. Er ist nicht Substanz in irgendeiner Form – denn jegliche Substanz wurde ja von Ihm erschaffen – und ist sinnlich nicht unmittelbar erfahrbar. Trotzdem ist Allah (t) kein Weitentrückter, Dem man sich nicht nähern darf. Von Sich Selbst sagt Allah (t) im Quran (Sura 50, Vers 16) : Wahrlich, Wir erschufen den Menschen, und Wir wissen, wie er innerlich denkt, und Wir sind ihm näher als die Halsschlagader. Der Mensch kann in seinem begrenzten Denk- und Vorstellungsvermögen die Eigenschaften des Allmächtigen Schöpfers nicht erkennen. Die Eigenschaften Allahs kann er daher nur kennen, wenn Allah Selbst ihn davon in Kenntnis setzt.

Letzteres bedeutet der Ausdruck “Allahu akbar”, Allah ist noch größer – größer als der menschliche Geist zu ermessen vermag. Allah (t) ist der Allmächtige, der Allwissende, und Seine Macht wirkt unaufhörlich.

Im Quran (Sura 2, Vers 255) heißt es: Allah – kein Gott ist da außer Ihm, dem Lebendigen, dem Ewigen. Ihn ergreift weder Schlummer noch Schlaf. Ihm gehört, was in den Himmeln und was auf der Erde ist. Wer ist es, der bei Ihm Fürsprache einlegen könnte außer mit Seiner Erlaubnis? Er weiß, was vor ihnen und was hinter ihnen liegt; sie aber begreifen nichts von Seinem Wissen, es sei denn das, was Er will. Weit reicht Sein Thron über die Himmel und die Erde, und es fällt Ihm nicht schwer, sie (beide) zu bewahren. Und Er ist der Hohe, der Erhabene. Er ist es, Der Leben schenkt, und Er ist es, Der tötet; von Ihm kommen wir, und zu Ihm kehren wir zurück. Er ist es, Der uns erhält, ernährt und versorgt. Er gibt und nimmt, was, wem und von wem Er will. Niemand auf Erden kann uns gegen den Willen Allahs das Gute vorenthalten noch Böses antun, wenn Allah (t) uns dieses Gute geben will. Er ist der Allgerechte, der Allgütige und der Allmitleidsvolle. Aus Gnade hat Er, Der als unser Schöpfer unsere Natur genau kennt, uns das Beste für jede Lebenslage vorgeschrieben. Diejenigen, die gegen Seine Gebote verstoßen haben, lässt Er jedoch nicht allein in ihrer Verzweiflung, sondern wendet Sich ihnen in Barmherzigkeit zu, wenn sie ihre Fehler aufrichtig bereuen und fest entschlossen sind, sie in Zukunft zu unterlassen.

Allah (t) verhängt aber auch angemessene Strafen. Und Er droht all denen schwere Strafe an, die sich von Ihm abwenden und Seine Gebote missachten.

Der Quran nennt die 99 schönsten Namen Allahs, durch die Seine göttlichen Eigenschaften beschrieben werden.

Die Vorstellung einer Vaterfigur mit langem, weißen Bart, die lächelnd auf einem Thron sitzt, ist aus islamischer Sicht ebenso unakzeptabel wie die Annahme, Er sei nur die Liebe. Vielmehr nimmt Er mit allen Seinen Eigenschaften ständig direkten Einfluss auf die gesamte Schöpfung.

Im Quran wird mehrfach betont, dass Allah (t) keine Gefährtin und keinen Sohn hat. Vielmehr ist Er der Schöpfer der Söhne, und eine Gefährtin oder einen Sohn zu haben, stünde im Widerspruch zur Einzigartigkeit Allahs. Die quranische Lehre widerspricht der Auffassung, dass Ûsa (Jesus) der “Sohn Gottes” sei. Vielmehr wird Ûsa (a. s.), als einer von Allahs großen Propheten, von den Muslimen besonders geehrt und geachtet.

Im Quran (Sura 19, Vers 27-35) heißt es: Dann brachte sie ihn auf dem Arm zu den Ihren. Sie sagten: O Maria, du hast etwas Unerhörtes getan. O Schwester Aarons, dein Vater war kein Bösewicht, und deine Mutter war keine Hure. Da zeigte sie auf ihn. Sie sagten: Wie sollen wir zu einem reden, der noch ein Kind in der Wiege ist? Er (Jesus) sprach: Ich bin ein Diener Allahs; Er hat mir das Buch gegeben und mich zu einem Propheten gemacht. Und Er gab mir Seinen Segen, wo ich auch sein möge, und Er befahl mir Gebet und Zakah, solange ich lebe; und ehrerbietig gegen meine Mutter (zu sein) ;Er hat mich nicht gewalttätig und unselig gemacht. Und Friede war über mir an dem Tage, als ich geboren wurde, und (Friede wird über mir sein) an dem Tage, wenn ich sterben werde, und an dem Tage, wenn ich wieder zum Leben erweckt werde. Dies ist Jesus, Sohn der Maria – (dies ist) eine Aussage der Wahrheit, über die sie uneins sind. Allah ist darüber Erhaben, Sich einen Sohn zu nehmen. Gepriesen sei Er! Wenn Er etwas beschließt, so spricht Er nur: Sei! und es ist.

Auch der Begriff der Dreifaltigkeit ist mit der islamischen Lehre von der Einheit Gottes unvereinbar und wird im Quran kategorisch verneint. Und zwei weitere grundsätzliche Unterschiede zwischen der islamischen Lehre und der des Christentums seien in diesem Zusammenhang gleich hinzugefügt:

Der Islam weist die Vorstellung zurück, dass Gott Selbst die Gestalt Jesu angenommen habe, damit die Menschen Ihn, Gott, erkennen könnten.

Nach islamischer Auffassung kann der Mensch Allah (t) sehr wohl “erkennen”, nämlich indem er um Allahs Eigenschaften weiß und in der Großartigkeit der Schöpfung Allahs Macht erlebt. Und er kann sich Allah (t) nähern, indem er Seine Gebote befolgt. Gerade durch das Praktizieren des Islam wird der Gläubige Allah (t) näher gebracht.

Der Islam widerspricht ebenso der Behauptung, dass Ûsa (a. s.) für die Sünden der Menschen am Kreuz gestorben sei.

Zum einen heißt es im Quran (Sura 4, Vers 157-158) ganz eindeutig: [. . . Dh und (weil) sie sagten: Wir haben Jesus, den Sohn der Maria und Gesandten Allahs, getötet. Aber sie haben ihn (in Wirklichkeit) nicht getötet und (auch) nicht gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen (ein anderer) ähnlich (so dass sie ihn mit Ûsa verwechselten und töteten). Und diejenigen, die darüber uneins sind, sind im Zweifel darüber. Sie haben kein Wissen darüber, sondern gehen vielmehr Vermutungen nach. Und sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet (d. h, sie können nicht mit Gewissheit sagen, dass sie ihn getötet haben). Nein, Allah hat ihn zu Sich (in den Himmel) erhoben. Und Allah ist Allmächtig und Allweise.

Zum anderen kann nach islamischer Lehre niemand die Bürde eines anderen Menschen tragen oder dessen Verantwortung übernehmen; denn einen Unschuldigen für die Sünden anderer büßen zu lassen, widerspräche Allahs Gerechtigkeit.

So heißt es im Quran (Sura 17, Vers 15) : Und keine lasttragende Seele soll die Last einer anderen tragen. Demnach ist die Vorstellung einer Erbsünde dem Islam fremd. Wenn Allah (t) es will, verzeiht Er uns, wenn wir irregegangen sind und Ihn um Vergebung bitten. Die Einzigartigkeit Allahs bedeutet, dass nichts und niemand Ihm gleichgesetzt werden kann. Dies ist auch oberstes islamisches Gebot.

Die Gleichsetzung Allahs mit anderem, indem man neben Ihm anderes verehrt, heißt im Arabischen “Schirk”, die einzige Sünde, die Allah (t) nicht verzeiht. Dazu heißt es im Quran (Sura 4, Vers 116) : Allah vergibt nicht, dass man Ihm (andere Götter, Idole) zur Seite stellt, doch verzeiht Er alles außer diesem, wem Er will. Und wer Allah (andere Götter, Idole) zur Seite stellt, der ist weit abgeirrt.

Jede “Vergötterung” eines Menschen, so wie die Christen dies mit dem Propheten Ûsa (Jesus) tun, ist also mit dem Islam unvereinbar. Hinzugefügt sei, dass der Prophet Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, ausdrücklich verboten hat, ihn in ähnlicher Weise zu erhöhen.

Und im Quran (Sura 18, Vers 110) wird Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, wie folgt aufgefordert: Sprich: Ich bin nur ein Mensch wie ihr, doch mir ist offenbart worden, dass euer Gott ein Einziger Gott ist. Möge denn derjenige, der auf die Begegnung mit seinem Herrn hofft, gute Werke tun und keinen anderen einbeziehen in den Dienst an seinem Herrn.

2. Der Glaube an die Engel: Der Quran lehrt die Existenz der Engel, die nicht durch die Sinnesorgane wahrnehmbar sind.

Über die Beschaffenheit ihres Wesens erfahren wir aus dem Quran wenig, und aus eigener Erkenntnis können wir nichts über sie erfahren. Daher ist es müßig, darüber zu spekulieren, ob sie rein geistige Wesen sind, die sich von den stofflichen Wesen im Universum unterscheiden, oder etwas anderes. Aus dem Quran erfahren wir jedoch, dass die Engel die Befehle Allahs ausführen und unermüdlich in Seinem Auftrag tätig sind.

Sie sind die Vermittler göttlicher Botschaften. So z. B. erschienen Engel in Männergestalt und verkündeten Ibrahim (Abraham) die Geburt seiner Söhne Ismail (Ismael) und Ishaq (Isaak), und Engel verkündeten Maryam (Maria) die Geburt ihres Sohnes Ûsa (Jesus).

Dschibril (Gabriel) überbrachte dem Propheten Muhammad (s.) die göttlichen Offenbarungen, und wie wir aus den Hadithen erfahren, erschien er Muhammad teils in der Gestalt eines Mannes, teils als ein Wesen, das in der Atmosphäre schwebte, teils als Stimme usw.

Wie der Quran lehrt, sind die Engel die unbesiegbaren Verbündeten der Propheten und aller Gläubigen in der Not und im Kampf gegen Unrecht. Auf Befehl Allahs verneigten sich die Engel vor Adam (a. s.) aus Respekt vor der Erschaffung des Menschen. Wenn die letzte Stunde eines Menschen gekommen ist, entziehen sie ihm auf Befehl Allahs das Leben, so dass er stirbt. Und schließlich sind die Engel die Ehrengarde für den Empfang der rechtschaffenen Diener Allahs am Tage des Jüngsten Gerichts.

Wie man sieht, macht das Leugnen der Existenz der Engel den Glauben zunichte, da man damit zugleich auch die beschriebenen Prozesse verneinen müsste. Aus der Forderung, an die Engel zu glauben, folgt, dass sich die Schöpfung nicht auf Dinge beschränkt, die sinnlich wahrnehmbar sind. Jeder, der in falschverstandener Wissenschaftsgläubigkeit wissenschaftliche Erkenntnismethoden als das Maß aller Dinge betrachtet und nur anerkennen will, was durch sie überprüfbar ist, sollte sich bewusst sein, dass auch “Wissenschaft” letztlich nur von in ihrem Denken und Handeln begrenzten Menschen gemacht wird. Ihre Resultate und Maßstäbe können folglich nicht absolut sein.

Wer wissenschaftliches Denken zum Maßstab heranzieht und verabsolutiert, macht sich dadurch gleichsam zum Gefangenen der menschlichen Begrenztheit. Kenntnis über Dinge, die für uns nicht sinnlich wahrnehmbar sind, können wir nur auf “übersinnliche” Weise erhalten, und das bedeutet in diesem Fall: durch göttliche Offenbarung. Die sich aus vernunftgemäßem Denken ergebende Einsicht, dass Der Allerhöchste existieren muss, Der das Universum geplant und erschaffen hat, und die ebenso gewonnene Überzeugung von der Aufrichtigkeit Muhammads, Allahs Segen und Friede auf ihm, und seinem Prophetentum – diese beiden Faktoren lassen den Glauben an “das Ungesehene” (Sura 2, Vers 3), so, wie Allah (t) uns darüber im Quran aufklärt, zu sicherem Wissen werden, das über jeden Zweifel erhaben ist. Umgekehrt bedeutet die Forderung, an die Engel zu glauben, gleichsam einen Prüfstein für die Aufrichtigkeit des Glaubens an die Wahrheit der göttlichen Offenbarung und an das Prophetentum Muhammads, der sie übermittelt hat.

3. Der Glaube an die Bücher: Allah (t) sandte Seine heiligen Schriften zu den Menschen als eine Richtschnur für das irdische Leben. Er forderte sie in diesen Schriften auf, an Ihn, den Einen Gott zu glauben und nur Ihm zu dienen. Er klärte sie in diesen Schriften auf über Dinge, die die Menschen von sich aus nicht wissen konnten, und Er schrieb ihnen darin durch Seine Gebote und Verbote das Beste für ihre Lebensführung vor.

Denen, die sich zu Ihm bekennen und Seine Gebote befolgen, verhieß Er Wohlergehen im Diesseits und im Jenseits, und Er kündigte ihnen schwere Strafe an für den Fall, dass sie sich ungläubig von Ihm abwenden und Seine Gebote missachten. Zu den bekanntesten heiligen Schriften gehören die Thora, das Evangelium und der Quran, die in dieser Reihenfolge an Musa, Ûsa und Muhammad, Friede auf ihnen allen, übermittelt wurden.

Im Quran (Sura 2, Vers 136) heißt es: Sprecht: Wir glauben an Allah und an das, was uns herabgesandt worden ist, und was Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und den Stämmen (Israels) herabgesandt wurde, und was Moses und Jesus gegeben wurde, und was den Propheten von ihrem Herrn gegeben worden ist. Wir machen zwischen ihnen keinen Unterschied, und Ihm sind wir ergeben.

Heilige Schriften sind göttliche Dokumente, die die Menschen nicht ändern dürfen. Wer es dennoch tut oder die Echtheit und die Wahrheit dieser Schriften in Frage stellt, der verwirft nicht nur die darin enthaltenen Aussagen, Gebote und Verbote Allahs, sondern er verleugnet auch die Empfänger dieser Schriften, die Propheten. Damit wären die enormen Leistungen der Propheten und ihre Lehren bedeutungslos geworden, und deshalb droht Allah(t) all denen mit höchster Strafe, die auch nur versuchen, diese Schriften und Lehren zu verfälschen.

Trotzdem sind heilige Schriften immer wieder verändert worden. Deshalb beinhaltet der oben zitierte Quran-Vers eine sehr wesentliche Einschränkung: Der “Glaube an alle Bücher” bezieht sich auf ihre unverfälschte, ihre Original-Fassung, die bei den vor dem Quran offenbarten Schriften nicht mehr existiert. Hingegen enthält der Quran, wie bereits erwähnt, den ursprünglichen Text der göttlichen Offenbarung, so wie er dem Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, Wort für Wort übermittelt wurde.

Im Quran (Sura 5, Vers 13-15) heißt es: Sie entstellten die Schrift an ihren richtigen Stellen und sie haben einen Teil von dem vergessen, woran sie gemahnt wurden. [. . . Dh Und auch mit denen, die sagen: Wir sind Christen, schlossen Wir einen Bund; auch diese haben dann einen Teil von dem vergessen, woran sie gemahnt wurden. Darum erregten Wir Feindschaft und Hass unter ihnen bis zum Tage der Auferstehung. Und Allah wird sie wissen lassen, was sie getan haben. O Leute der Schrift, Unser Gesandter ist nunmehr zu euch gekommen, um euch vieles zu enthüllen, was ihr von der Schrift geheim gehalten habt, und (er ist zu euch gekommen,) um gegen vieles Nachsicht zu üben. Wahrlich, zu euch sind ein Licht von Allah und ein klares Buch gekommen.

4. Der Glaube an die Gesandten: Allah (t) berief auserwählte Menschen zu Seinen Gesandten und Propheten.

Er betraute sie mit der Aufgabe, Seine Offenbarungen, die Er ihnen zuteil werden ließ, anderen Menschen weiterzuvermitteln und sie die Art und Weise der gottgewollten Lebensführung zu lehren. Und erst durch die Gesandten konnten die Menschen Kenntnis über die Eigenschaften Allahs, über Seinen Willen, über das Jenseits und die ihnen verborgenen Dinge erhalten.

Adam, der erste Mensch, gilt auch gleichzeitig als von Allah (t) berufener erster Prophet.

Allah (t) offenbarte ihm Seine Religion der Hingabe (den Islam) und beauftragte ihn, diese Religion an seine Nachkommen weiterzuvermitteln. Im Laufe der Menschheitsgeschichte geriet die Lehre Adams jedoch in Vergessenheit, und es entwickelten sich die unterschiedlichsten Formen von Polytheismus und Götzendienst. In diesem Stadium begann Allah (t) aus Barmherzigkeit, Propheten zu berufen, die ihre Mitmenschen wieder an die Lehren erinnerten, die sie vergessen hatten.

Propheten sind daher oft erschienen, in vielen Ländern und bei vielen Völkern. Sie alle predigten die bedingungslose Hingabe und Unterwerfung unter den Willen Allahs, d. h. den “Islam”.

Im Quran werden einige Propheten namentlich erwähnt, unter ihnen Adam, Ibrahim (Abraham), Harun (Aaron), Ishaq (Isaak), Yaqub (Jakob), Dawud (David), Musa (Mose), Salih, Ayyub (Hiob), Hud, Yunus (Jonas), Yahya (Johannes), Ûsa (Jesus), Lut (Lot) und Muhammad, Friede auf ihnen allen; es wird jedoch ausdrücklich betont, dass es noch weitere Propheten gab und dass Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, der letzte aller Propheten und Gesandten Allahs ist.

Sein Auftrag beschränkte sich nicht darauf, seinem eigenen Volk den Islam zu lehren, sondern er wurde, wie der Quran mehrfach darlegt, zum Gesandten Allahs für die gesamte Menschheit berufen. Und durch ihn hat Allah (t) die Lehre des Islam für die Menschen zum vollkommenen Abschluss gebracht.

Dazu heißt es in Sura 5, Vers 3: Heute habe Ich euch eure Religion vervollkommnet und Meine Gnade an euch vollendet und euch den Islam zur Religion erwählt. Dies bedeutet also, dass der Islam, wie er Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, offenbart wurde, seine Gültigkeit behalten wird, solange es Menschen gibt, und seine Lehre durch die ihr innewohnende Dynamik den Bedürfnissen und den Lebensumständen aller Menschen angemessen ist – wo immer und in welchem Zeitalter sie auch leben mögen.

Der vierte Glaubensartikel des Islam besagt, dass ein Muslim verpflichtet ist, an die Wahrhaftigkeit aller Gesandten Allahs zu glauben. Er beinhaltet auch, dass die Gesandten nicht unterschiedlich bewertet werden dürfen. Denn sie alle kamen im Auftrag Allahs, und sie waren allesamt Träger göttlicher Offenbarung, treue und standhafte Diener ihres Herrn. Der Glaube an die Aufrichtigkeit der Gesandten und an die Wahrhaftigkeit ihres Prophetentums sind die Voraussetzung dafür, an die Wahrheit der von ihnen überbrachten Lehren zu glauben und von deren Richtigkeit überzeugt zu sein. Wie man sieht, stürzte ohne diesen “Eckpfeiler” das gesamte Glaubensgebäude in sich zusammen.

5. Der Glaube an das Jüngste Gericht: Der fünfte islamische Glaubensartikel ist der Glaube an das Jüngste Gericht und an das Leben nach dem Tod. Er besagt, dass das Leben dieser Welt mit allem, was in ihr existiert, an einem bestimmten, bereits festgelegten Tag zu Ende gehen wird. Dieser Tag ist der “Tag des Jüngsten Gerichts”; * dass alle Menschen, die jemals auf Erden gelebt haben, dann wieder zum Leben erweckt werden und Rechenschaft über ihr irdisches Leben ablegen müssen; * dass Allah (t) an diesem Tag in Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Weisheit über die Menschen richten wird.

Diejenigen, die an Allah und Seine Propheten glauben und deren gute Taten überwiegen, werden belohnt und gehen ein ins Paradies, wo sie in vollständigem Wohlbefinden ewig weiterleben werden.

Diejenigen aber, die Allah und Seine Propheten leugnen oder deren schlechte Taten überwiegen, werden mit dem Höllenfeuer bestraft, wo sie sich in einem Zustand größter Qual befinden werden.

Die Existenz des Jüngsten Gerichts und des Lebens nach dem Tod ist ein Ausdruck von Allahs Gerechtigkeit. Der Glaube daran, für seine Taten Rechenschaft ablegen zu müssen, lässt den Menschen überlegt und verantwortungsbewusst handeln. Dass dieser Glaube absolut notwendig ist, zeigt folgende Überlegung: Wie der Mensch nun einmal ist, tut er Dinge nur dann, wenn sie ihm vorteilhaft erscheinen. Ohne den Glauben, einmal für seine irdischen Taten zur Verantwortung gezogen zu werden, bestünde für ihn nicht der geringste Anreiz, Allahs Willen zu befolgen, falls ihm menschliche Wünsche, Neigungen und Interessen entgegenstehen. Es wäre völlig unerheblich, wie er handelt.

Die Leugnung dieses Glaubenssatzes, wie wir ihn bei denen beobachten können, die von einer absoluten Freiheit des Menschen überzeugt sind, hätte demnach katastrophale Folgen: Übeltäter schreckten vor nichts zurück, kein Sünder wäre zur Reue bereit, und gute, leidende Menschen müssten ohne Trost und Hoffnung leben und sterben. Der Glaube an das Jüngste Gericht und an ein Leben nach dem Tod wurde von allen Gesandten Allahs gelehrt. Stritte man diesen Glaubenssatz ab, käme dies der unsinnigen Annahme gleich, dass die Propheten uns belogen hätten.

6. Der Glaube an die Vorherbestimmung: Allah (t), der Allwissende und Allmächtige, kennt alle Dinge in Seiner Schöpfung, und Er hat die Macht, die Beschlüsse, die Er in diesem anfangs- und endlosen Wissen fasst und für gut befindet, auch zu verwirklichen.

Er verwaltet Sein Reich mit göttlicher Perfektion, und es gibt keine Macht, die sich Seinem Willen entziehen könnte. Deshalb kann nichts gegen Seinen Willen geschehen, und alles, was geschieht, geschieht mit Seiner Erlaubnis. Dem steht die Wahlfreiheit des Menschen nicht entgegen.

Allah (t) hat den Menschen mit freiem Willen ausgestattet und mit der Fähigkeit, entsprechend zu wählen und zu handeln, und deshalb macht Allah (t) in vollkommener Gerechtigkeit den Menschen verantwortlich für alles, was er zu seinen Lebzeiten tut.

In Sura 3, Vers 159 heißt es: [. . . Dh und wenn du entschlossen bist, dann vertraue auf Allah; denn wahrlich, Allah liebt diejenigen, die auf Ihn vertrauen.

Ferner in Sura 2, Vers 286: Allah fordert von keiner Seele etwas über das hinaus, was sie zu leisten vermag. Ihr wird zuteil, was sie erworben hat, und über sie kommt, was sie sich zuschulden kommen lässt.

Der Glaube an die Fügung Allahs in allen Dingen bedeutet also keineswegs Passivität oder Fatalismus. Vielmehr ist der Mensch dazu verpflichtet, sich in Übereinstimmung mit den Gesetzen Allahs tatkräftig mit den Problemen des Alltags auseinanderzusetzen und aktiv das Dasein zu bewältigen. Dabei soll er versuchen, seinen auf Grundlage der Offenbarung gefassten Beschluss in bestmöglicher Weise in die Tat umzusetzen. Ob der Mensch mit seiner Handlung das erstrebte Ziel aber tatsächlich auch erreicht – dies bestimmt allein Allah (t), Der den Ausgang und die Folgen der Taten so fügen wird, wie Er es in Seinem allumfassenden Wissen für richtig erachtet.

Dieses Vertrauen in die Allmacht und Allwissenheit Allahs, das in diesem Glaubensartikel gefordert wird, bezieht sich jedoch nicht nur auf den Ausgang der eigenen Taten. Es bezieht sich auch auf die Geschehnisse und Situationen, mit denen der Mensch ständig konfrontiert wird und die nicht oder nicht direkt von seinem Willen abhängen, also auf Dinge, die das Schicksal eines Menschen ausmachen. Diese Geschehnisse – mögen sie nun vom Menschen als gut oder als schlecht empfunden werden – sind von Allah (t) für uns vorherbestimmt, von Ihm für uns gewollt, damit wir uns in ihnen bewähren – einen “Zufall” gibt es für den Muslim nicht.

Der Glaube an die Fügung Allahs in allen Dingen, das Vertrauen auf Ihn und der Glaube, dass die Schicksale auf Ihn zurückgehen und dass Erfolg von Seiner Hilfe abhängt – dies alles gibt dem Leben in den Augen eines Muslims einen großen Sinn, bewahrt ihn vor Verzweiflung und verleiht ihm Gelassenheit und inneren Frieden.

Dazu heißt es in Sura 3, Vers 26 und 27: Sprich: O Allah, Herrscher des Königtums, Du gibst das Königtum, wem Du willst, und nimmst das Königtum, wem Du willst; und Du ehrst, wen Du willst, und erniedrigst, wen Du willst. In Deiner Hand ist das Gute; wahrlich, Du hast Macht über alle Dinge. Du lässt die Nacht übergehen in den Tag und lässt den Tag übergehen in die Nacht; und Du lässt das Lebendige aus dem Toten erstehen und lässt das Tote aus dem Lebendigen erstehen, und versorgst, wen Du willst, ohne Maß.

Andererseits schenkt der Glaube an die Fügung Allahs dem Menschen Standhaftigkeit und Tapferkeit und spornt ihn an, in der Weise, wie Allah (t) es in Sura 3, Vers 160 vorgeschrieben hat, gegen jede Art von Missständen und Widrigkeiten mit allen Kräften anzukämpfen.

Dort heißt es: Wahrlich, wenn Allah euch zum Sieg verhilft, so gibt es keinen, der über euch siegen könnte; wenn Er euch aber im Stich lässt, wer könnte euch da nach Ihm helfen? Wahrlich, auf Allah sollen die Gläubigen vertrauen.

Wie die Geschichte zeigt, hat die islamische Lehre diejenigen entscheidend geprägt, die sie angenommen und umgesetzt haben, und sie hat dadurch die über Jahrhunderte in allen Bereichen des Lebens erfolgreichste Kultur hervorgebracht.

Die islamische Glaubensüberzeugung wurde von Männern und Frauen getragen, die auf Allah (t) voll und ganz vertrauten.

Das absolute Vertrauen auf Allah und die Befolgung Seiner Gesetze macht aus dem aufrichtigen Muslim einen milden, würdigen, verantwortungsbewussten, charakterfesten und ausdauernden Menschen, der furchtlos allen Schrecknissen begegnet.

(—-> Glaubensbekenntnis, Säulen des Islam)