Ibrahim

(Abraham). Erbauer der Al-Kaba, als Prophet und erster Muslim.

Von seinen beiden Söhnen Ishaq und Ismail wird letzterer als Stammvater der Araber angesehen.

Der Bericht des Quran über die Al-Kaba gibt Aufschluss darüber, dass Allah (t) Seinen Diener Ibrahim (a. s.) zu dem Orte “des Hauses” führte. (22:26).

Allah (t) befahl Ibrahim (a. s.), mit seiner Frau Hadschar und seinem Sohn Ismail nach einem bestimmten Ort zu ziehen, zu dem Allah (t) sie führen wollte. Dort, wo Makka liegt, war zu jener Zeit ein Tal ohne Ackerbau, eine öde Gegend, trocken und unfruchtbar, von allen Seiten von Bergen umgeben; und in seiner Mitte lag ein kleiner niedriger Hügel.

In der Nähe dieses Hügels machte Ibrahim halt; er errichtete für seine Frau Hadschar und seinen kleinen Sohn Ismail ein Zelt, in dem sie beide Unterkunft fanden. Da Ibrahim (a. s.) diesen Ort wieder verlassen und ohne seine kleine Familie zurückkehren musste, wandte er sich an seinen Herrn und sagte: Unser Herr, ich habe einen Teil meiner Nachkommenschaft in einem unfruchtbaren Tal bei Deinem heiligen Haus (der Al-Kaba) angesiedelt, unser Herr, damit sie das Gebet verrichten; so erfülle die Menschenherzen mit Liebe zu ihnen und versorge sie mit Früchten, damit sie dankbar sein mögen. Unser Herr, Du weißt, was wir verbergen und offenkundig tun, und vor Allah bleibt nichts verborgen, weder auf Erden noch im Himmel.

Alles Lob gebührt Allah, Der mir in meinem Alter noch Ismail und Ishaq geschenkt hat; siehe, mein Herr, erhöre doch das Bittgebet. Mein Herr, hilf mir, das Gebet zu verrichten, und hilf meinen Nachkommen ebenfalls, unser Herr, und nimm meine Bitte an. Unser Herr, vergib mir und meinen Eltern und den Gläubigen am Tage, an dem die Rechenschaft vollzogen wird. (14:37ff.)

Ibrahim (a. s.) kehrte auf Befehl Allahs einige Jahre später nach Makka zurück, um auf den bereits vorhandenen Fundamenten die Al-Kaba aufzubauen.

Nach Sura 22:26f. wurde Ibrahim (a. s.) von Allah (t) zu dem für die Al-Kaba bestimmten Ort geleitet: Und als Wir Ibrahim zu dem Orte des Hauses führten und sprachen: [. . . Dh so dass du Mir nichts zur Seite stellst; und reinige Mein Haus für die es Umkreisenden und für die Knieenden und die sich Niederwerfenden und rufe die Menschen auf zur Pilgerfahrt; so werden sie zu dir kommen, zu Fuß und reitend auf mageren Kamelen, die aus den allerentferntesten Orten eintreffen. (vgl. ferner Sura 2:125)

In Sura 2:127 wird berichtet, dass Ismail (a. s.), der erste Sohn Ibrahims, beim Bau der Al-Kaba mitgewirkt hat.

Ibrahim (a. s.) versäumte nicht, sich an Allah (t) zu wenden mit der Bitte um Schutz und Sicherheit für das Gebiet von Makka (vgl. Quran 2:125f. und 14:35f.) ; und Muhammad (s.), der letzte Prophet aus der Nachkommenschaft Ibrahims, betonte die Sicherheit von Makka, indem er sagte: Dieser Ort ist ein Gebiet des Schutzes und der Sicherheit, seit Allah die Himmel und die Erde erschaffen hat. So ist er auch durch die Macht Allahs geschützt bis zum Tage der Auferstehung. (Bu)

Und Allah (t) sagt in Sura 3:96f. : Wahrlich, das erste Haus, das für die Menschen gegründet wurde, ist das in Bakka – ein gesegnetes und eine Leitung für die Welten. In ihm sind deutliche Zeichen – die Stätte Abrahams. Und wer es betritt, ist sicher. Und der Menschen Pflicht gegenüber Allah ist die Pilgerfahrt zum Hause, wer da den Weg zu ihm machen kann. Wer aber ungläubig ist – siehe, Allah ist nicht auf die Welten angewiesen.

Die Nachkommenschaft Ibrahims war das größte Geschenk Allahs an Seinen Diener; sie war wie ein Ersatz dafür, dass Ibrahim (a. s.) sein Volk hatte verlassen und aus seinem Land hatte auswandern müssen, um Allah (t) allein dienen zu können.

Der Quran-Vers 3:33 erwähnt unter den Auserwählten u. a. das Haus Ibrahims und das Haus Imrans. Hier ist aber nicht nur die Blutsverwandtschaft gemeint, sondern auch das Erbe des Glaubens.

Alle Propheten und Gesandten nach Ibrahim bis hin zu Muhammad, dem letzten von ihnen – Friede sei auf ihnen allen – stammen von Ibrahim ab (vgl. Sura 29:27) ; auch Isa (a. s.) wird als Nachkomme Ibrahims angesehen, obwohl er ohne Vater gezeugt wurde.

Ibn Kathir (Bd. 3, S. 60) begründet dies mit der Abstammung Marias selbst aus der Nachkommenschaft Ibrahims. Als Beleg nennt er den Quran-Vers 6:84: Und Wir schenkten ihm Ishaq und Yaqub [. . . Dh und aus seinen Nachkommen Dawud, Sulaiman, Ayyub, Yusuf, Harun . . . , Zakariya, Yahya und Isa. Es handelt sich um eine ununterbrochene Reihe der Propheten durch die Menschheitsgeschichte hindurch: eine Botschaft mit ein und derselben Lehre. Diese Reihe besteht aus einer Elite von Menschen, zwischen denen es keinen Unterschied gibt. Alle kamen aus derselben edlen Abstammung Ibrahims, und alle trugen das Leitlicht; sie alle warnten und verkündeten zugleich die frohe Botschaft. Der Vorrang der Nachkommenschaft Ibrahims löste im Laufe der Glaubensgeschichte vielfach Neid aus, so dass im Quran folgende Erklärung offenbart wurde: Beneiden sie (die Schriftbesitzer) etwa die Leute um das, was Allah ihnen in Seiner Huld schenkte? Wir gaben doch dem Hause Ibrahims die Schrift, die Weisheit und ein gewaltiges Reich. (4:54).

In der langen Reihe der Nachkommen Ibrahims nehmen seine beiden im Quran erwähnten Söhne Ismail und Ishaq eine Sonderstellung ein.

Ismail (a. s.), in Sura 37:100 “sanftmütiger Sohn” genannt, wird in Sura 19:54 als Gesandter ausgezeichnet, der sein Versprechen hielt, seine Angehörigen zur Verrichtung des Gebets und zur Zahlung der Zakah (Pflicht-Abgabe) ermahnte und seinem Herrn “wohlgefällig” war. Nach herrschender Meinung der islamischen Gelehrten soll Ismail (a. s.) der Sohn gewesen sein, den Ibrahim (a. s.) opfern sollte. Diese Auffassung wird der Reihenfolge der Ereignisse, wie sie in Sura 37:102 geschildert wird, entnommen. Dort heißt es, dass nach der Rettung des ersten Sohnes durch die Barmherzigkeit Allahs die Verkündung Ishaqs erfolgte, und zwar als Lohn für Ibrahims Gehorsam. Einen weiteren Beweis dafür, dass der zu opfernde Sohn Ismail (a. s.) und nicht Ishaq (a. s.) war, liefert der Quran-Vers 11:71: Da verkündeten Wir ihr (Ibrahims Frau) Ishaq und nach Ishaq Yaqub.

Ibn Kathir kommentiert diesen Vers so: Aus dieser Sura wird der Beweis entnommen, dass der zu opfernde Sohn Ismail war; denn es ist ausgeschlossen, dass Ishaq (als Opfer) gemeint ist, da die Verheißung über die Geburt von Ishaq und Yaqub gleichzeitig erfolgte. Wie könnte Ishaq als geopfertes Kind sterben, während sein ebenfalls von Allah versprochener Sohn noch nicht einmal geboren war, wo doch Allahs Versprechen wahr und unabänderlich ist. Ishaq wird im Quran des Öfteren erwähnt, sowohl als zweiter Sohn Ibrahims wie auch als Vater Yaqubs. In aller Ehre werden Ishaq und Yaqub in folgenden Versen genannt: Und Wir bescherten ihnen (Ishaq und Yaqub) von Unserer Barmherzigkeit und gaben ihnen eine überlegene Sprache der Wahrheit. (19:50) Und gedenke Unserer Diener Ibrahim, Ishaq und Yaqub, der Machtvollen und Einsichtsreichen. Wir erwählten sie für die reine Andacht an die Wohnstatt (des Jenseits). Und sie sind bei Uns von den Erwählten, den Besten. (38:45ff.)

In Sura 2:130 heißt es: Und wer verschmäht die Religion Ibrahims, außer dem, dessen Seele töricht ist? Fürwahr, Wir erwählten ihn im Diesseits, und im Jenseits wird er gewiss unter den Rechtschaffenen sein. Als sein Herr zu ihm sprach: Werde Muslim, sagte er: Ich ergebe mich völlig dem Herrn der Welten. Und Ibrahim legte es seinen Kindern ans Herz. Und Yaqub sagte: O meine Kinder, seht, Allah hat für euch den Glauben festgesetzt; so sterbt nicht, ohne Muslime geworden zu sein. Nun ist die Frage berechtigt, inwieweit die Lehre Ibrahims im Quran an die Anhänger Muhammads weitergegeben worden ist. Eine Antwort darauf findet sich zunächst in Sura 16:123, in welcher Muhammad, der Gesandte Allahs, wie folgt angesprochen wird: Wir haben dir (o Muhammad) offenbart, dass du der Religion Ibrahims folgst, des Lauteren im Glauben, der Allah nichts zur Seite stellte.

Und in Sura 3:84 befiehlt Allah (t) Seinem Gesandten Muhammad (s.), folgenden Satz vorzutragen: Sprich: Wir (Muslime) glauben an Allah und an das, was auf uns herabgesandt wurde, und an das, was auf Ibrahim, Ismail, Ishaq, Yaqub und die Stämme (Israels) herabgesandt wurde, und an das, was Musa, Isa und die Propheten von ihrem Herrn erhalten haben; wir (Muslime) machen keinen Unterschied zwischen ihnen, und Ihm sind wir ergeben(e Muslime). Ebenso heißt es in Sura 6:161: Sprich: Mich hat mein Herr auf einen geraden Pfad geleitet, zu einer feststehenden Religion, zum Glauben Ibrahims, des Lauteren (im Glauben), der Allah nichts zur Seite gestellt hat.

Die Muslime selbst werden im Quran mit folgendem Vers angesprochen und auf den Glauben ihres Vaters Ibrahim (a. s.) aufmerksam gemacht: Und eifert in Allahs Sache, wie dafür geeifert werden soll. Er hat euch erwählt und hat euch nichts auferlegt, was euch in der Religion bedrücken könnte, der Religion eures Vaters Ibrahim. Er (Allah) ist es, Der euch vordem schon Muslime nannte und (nun) in diesem (Buche), damit der Gesandte Zeuge über euch sei und damit ihr Zeugen über die Menschen sein möget. (22:78)

Die umstrittene Frage, ob Ibrahim (a. s.) Jude oder Christ gewesen sei, wird in Sura 2:140 behandelt: Oder wollt ihr etwa sagen, dass Ibrahim, Ismail, Ishaq, Yaqub und die Stämme (Israels) Juden oder Christen waren? Sprich: Wisset ihr es besser oder Allah? Und wer ist ungerechter als derjenige, der ein Zeugnis verbirgt, das er von Allah erhalten hat! Und Allah ist dessen nicht achtlos, was ihr tut. Welche Glaubensform also hatte Ibrahim (a. s.)? Der Quran gibt eine klare Antwort auf diese Frage in Sura 3:67: Ibrahim war weder Jude noch Christ; vielmehr war er ein sich Allah ergebender (Muslim), lauteren Glaubens, und keiner von denjenigen, die Allah etwas zur Seite stellen.

Ibrahim (a. s.) selbst bestand treu auf diesem Glauben, als er sich an seinen Herrn wandte und sagte: Unser Herr, mache uns zu Deinen ergebenen (Muslimen) und aus unserer Nachkommenschaft eine Gemeinde von ergebenen (Muslimen). (2:128) Juden, Christen und Muslime streiten über Ibrahim. Jede dieser Parteien behauptet, sie sei von Allah bevorzugt. Die Muslime sagen: Unser Prophet ist der letzte, und unser Buch ist unter den bisherigen das entscheidende. Nach dem Wortlaut des Quran sind die Muslime die beste Nation, die jemals für die Menschen hervorgebracht wurde. (Quran 3:110) In Bezug auf diese Äußerung steht im Quran folgendes Urteil: Nicht nach euren Wünschen, (ihr Muslime,) und den Wünschen der Schriftbesitzer (u. a. Juden und Christen) ! Wer Böses getan hat, dem wird es vergolten, und er findet außer Allah weder Beschützer noch Helfer. (4:123).

Abschließend muss an die göttliche Weisung in Sura 3:64ff. erinnert werden, in der der Prophet Muhammad (s.), der Gesandte Allahs, aufgefordert wird, den Juden und Christen folgende Verse zu verkünden: Sprich: O Volk der Schrift, kommt herbei zu einem gleichen Wort zwischen uns und euch, dass wir nämlich Allah allein dienen und nichts neben Ihn stellen und dass nicht die einen von uns die anderen zu Herren annehmen außer Allah. Und wenn sie sich abwenden, so sprecht: Bezeugt, dass wir Muslime sind. O Volk der Schrift, warum streitet ihr über Ibrahim, wo die Thora und das Evangelium erst (später) nach ihm herabgesandt worden sind? Habt ihr denn keinen Verstand? Ihr habt da über etwas gestritten, wovon ihr Wissen habt; weshalb aber streitet ihr über das, wovon ihr kein Wissen habt? Allah weiß, ihr aber wisset nicht. (3:64ff.)