Kapitel 254 Das Verbot der Verleumdung und der üblen Nachrede

Qur’an:
Allah, der Erhabene, spricht:

(Und führt nicht üble Nachrede untereinander. Würde wohl einer von euch gerne das Fleisch seines toten Bruders essen? Dies verabscheut ihr. So fürchtet (auch) Allah! Wahrlich, Allah ist allein Langmütig, Barmherzig.) (49:12)

(Und verfolge nicht das, wovon du keine Kenntnis hast, denn wahrlich das Ohr, das Auge und das Herz, sie werden alle zur Rechenschaft gezogen.) (17:36)

(Kein Wort äußert er (der Mensch), ohne dass neben ihm ein wachsamer Wächter ist.) (1) (50:18)


(1) Zwei Engel sitzen zur rechten und zur linken Seite des Menschen; so werden seine Taten und Aussagen von ihnen aufgezeichnet. Vgl. Sura 50:17

Der Verfasser (Imam An-Nawawi) sagt: Wisse, dass es die Pflicht jedes Erwachsenen, der im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, seine Zunge vor all dem leeren Geschwätz zu hüten, außer wenn es um das Wohl geht. Aber wenn das Sprechen und das Schweigen diesbezüglich egal sind, dann ist das Schweigen besser, gemäß der (prophetischen) Tradition, denn (solches) erlaubtes Geschwätz könnte zu Unerlaubtem oder Widerwertigem führen, was in der Regel oft vorkommt. Es gibt auch nichts, was die Unversehrtheit ersetzen kann.

Hadith 1511: Abu Huraira (r) berichtete: Der Prophet (s.a.s.) hat gesagt: “Wer (wirklich) an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, der soll Gutes sprechen, sonst hat er zu schweigen!” (Al-Bukhari und Muslim)

Der Verfasser kommentiert: Dieser Hadith verdeutlicht eindeutig, dass der Muslim nicht sprechen soll, außer wenn er Gutes sagt, indem es um sein Wohl geht. Wenn er daran zweifelt, soll er lieber schweigen.

Hadith 1512: Abu Musa (r) berichtete: Ich sagte zum Propheten (s.a.s.): O Gesandter Allahs, welcher Muslim ist der Beste? Er (s.a.s.) sagte: “Der, vor dessen Zunge und Hand die Muslime sicher sind!” (Al-Bukhari und Muslim)

Hadith 1513: Sahl Ibn Sa‘d (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: “Wer sich bei mir für das, was zwischen seinen Kiefern und das, was zwischen seinen Oberschenkeln ist verbürgt, dem garantiere ich das Paradies.” (Al-Bukhari und Muslim)

Hadith 1514: Abu Huraira (r) berichtete: Ich hörte den Propheten (s.a.s.) sagen: “Wahrlich, der Diener redet (manches Wort) dahin ohne Überlegung, was ihn tiefer und weiter ins Höllenfeuer abgleiten lässt, wie die Entfernung zwischen Osten und Westen.” (Al-Bukhari und Muslim)

Hadith 1515: Abu Huraira (r) berichtete: Der Prophet (s.a.s.) hat gesagt: “Der Diener verliert das Wort unbekümmert, was Allahs Wohlgefallen hervorruft, weshalb Allah ihn in Rängen (des Paradieses) erhöht; und der Diener verliert das Wort unbekümmert, wodurch er sich den Zorn Allahs – Erhaben ist Er – zuzieht, weshalb er in die Hölle hinabfällt.” (Al-Bukhari)

Hadith 1516: Abu ‘Abd-ur-Rahman Bilal Ibn Al-Harith Al-Muzni (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: “Der Mensch redet manches Wort, was das Wohlgefallen Allahs – Erhaben ist Er – hervorruft, ohne dabei an dessen gewaltige Wirkung zu denken, weshalb Allah ihm Sein Wohlgefallen schenkt, bis er Ihn (am Jüngsten Tag) trifft; und der Mensch verliert das Wort, wodurch er sich den Zorn Allahs zuzieht, ohne dabei an dessen gewaltige Wirkung zu denken, weshalb ihn Allahs Zorn trifft, bis er Ihn (am Jüngsten Tag) trifft.”
(Malik und At-Tirmidhi, mit dem Kommentar: Ein guter bis starker Hadith)

Hadith 1517: Sufyan Ibn ‘ Abdullah (r) berichtete: Ich sagte zum Propheten: O Gesandter Allahs, sag mir ein Wort über den Islam, woran ich mich halte! Er (s.a.s.) sagte: “Sprich: Ich glaube an Allah; dann sei entsprechend aufrecht und redlich!” Ich sagte: O Gesandter Allahs, was fürchtest du am meisten für mich? Da ergriff er seine eigene Zunge und sprach: “Diese!”
(At-Tirmidhi, mit dem Kommentar: Ein guter bis starker Hadith)

Hadith 1518: Ibn ‘Umar (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: “Redet nicht viel, ohne Allahs zu gedenken, denn viel reden, ohne Allahs – Erhaben ist Er – zu gedenken, führt zu Hartherzigkeit! Wahrlich, der Mensch, der am weitesten entfernt von Allah ist, ist derjenige, dessen Herz (gegen das Gedenken an Allah) verhärtet ist!” (At-Tirmidhi)

Hadith 1519: Abu Huraira (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: “Wem Allah das Unheil dessen, was zwischen seinen Kiefern ist und das Unheil dessen, was zwischen seinen Oberschenkeln ist nimmt, der kommt ins Paradies!”
(At-Tirmidhi, mit dem Kommentar: Ein guter Hadith)

Hadith 1520: ‘Uqba Ibn ‘Amir (r) berichtete: Ich sagte: O Gesandter Allahs, was ist das Heil? Er (s.a.s.) sagte: “Zügle deine Zunge, begnüge dich mit deinem Haus als Zufluchtsort (vor der Versuchung) und sei reumütig wegen deiner Sünde!”
(At-Tirmidhi, mit dem Kommentar: Ein guter Hadith)

Hadith 1521: Abu Sa‘id Al-Khudri (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: “Wenn der Sohn Adams morgens aufwacht, flehen all seine Körperglieder die Zunge an: Fürchte Allah unseretwegen, denn wir sind mit dir (in Bezug auf Belohnung oder Bestrafung). Wenn du aufrecht redlich bist, so werden wir auch redlich und wenn du unredlich bist, so werden wir ebenso unredlich!” (At-Tirmidhi)

Hadith 1522: Mu’adh (r) berichtete: Ich sagte: O Gesandter Allahs (s.a.s.), unterrichte mich über eine Tat, die mich ins Paradies bringt und mich vom Höllenfeuer entfernt. Er (s.a.s.) erwiderte: “Wahrlich, du fragtest nach etwas Bedeutsamen, und dennoch ist es leicht für den, dem Allah – Erhaben ist Er – es leicht macht: Du sollst (allein) Allah dienen und Ihm nichts beigesellen, die Pflichtgebete verrichten, die Zakat-Pflichtabgabe entrichten, den Ramadan fasten und die Hadsch-Wallfahrt zum Hause (Allahs in Mekka) durchführen!” Dann fügte er (s.a.s.) hinzu: “Soll ich dir nicht die Pforten des Guten zeigen? Das Fasten, es ist ein Schutz, das Almosen, es löscht die Missetat wie das Wasser das Feuer löscht, und das Gebet des Menschen mitten in der Nacht.” Dann rezitierte er (s.a.s.): (Ihre Seiten (Körper) halten sich fern von (ihren) Betten, sie rufen ihren Herrn an in Furcht und Hoffnung und spenden von dem, was Wir ihnen gaben. Doch weiß niemand, was für eine Augenweide für sie verborgen ist als Lohn für das, was sie zu tun pflegten> (Sura 32: 16-17). Dann sagte er (s.a.s.): “Soll ich dich nicht über die Basis des Ganzen, dessen Tragpfeiler und dessen Gipfelspitze unterrichten?” Ich sagte: Doch ja, O Gesandter Allahs! Er (s.a.s.) erklärte: “Die Basis des Ganzen ist der Islam, seine Tragpfeiler sind die Pflichtgebete und seine Spitze ist der Einsatz für die Sache Allahs!” Dann fugte er (s.a.s.) hinzu: “Soll ich dich nicht über die wesentliche Voraussetzung des Ganzen unterrichten?” Ich sagte: Doch ja, O Gesandter Allahs! Da ergriff er (s.a.s.) seine (eigene) Zunge und sagte: “Halte diese von dir ab!” Ich sagte: O Prophet Allahs, werden wir etwa für unser Gerede bestraft werden?! Da sagte er (s.a.s.): “Hätte deine Mutter dich doch verloren! (1) Was sonst lässt die Leute ins Höllenfeuer auf ihre Gesichter niederstürzen, außer der Ernte ihrer Zungen?!” (At-Tirmidhi, mit dem Kommentar: Ein guter bis starker Hadith)

(1) Dies bedeutet keine Beleidigung, sondern es ist eine Redewendung im Sprachgebrauch der Araber.

Hadith 1523: Abu Huraira (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) fragte uns: “Wisst ihr, was üble Nachrede ist?” Man antwortete: Allah und Sein Gesandter (s.a.s.) wissen es am besten. Er (s.a.s.) sagte: “Deine Erwähnung von Dingen über deinen Bruder, die er nicht leiden mag.” Man erwiderte: Und wenn in meinem Bruder ist, was ich über ihn sage? Er (s.a.s.) erklärte: “Wenn in ihm ist, was du über ihn sagst, ist es üble Nachrede, und wenn in ihm nicht ist, was du über ihn sagst, hast du ihn verleumdet!” (Muslim)

Hadith 1524: Abu Bakra (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat in seiner Predigt am Tag der Opferung in Mina während der Abschiedswallfahrt gesagt: “Wahrlich euer Blut, euer Vermögen und eure Ehre sind einander unantastbar heilig, wie das Heiligtum eures heutigen Tages, in diesem euren Monat und in dieser eurer Stadt. Habe ich nicht (die Botschaft) deutlich überbracht?!” (Al-Bukhari und Muslim)

Hadith 1525: ‘Aischa (r) berichtete: Ich sagte zum Propheten (s.a.s.): Es genügt dir, dass Safiyya soundso ist! – Überlieferer sagen, sie (r) meinte, Safiyya (r) ist kleinwüchsig – Da erwiderte er (s.a.s.): “Du hast ein Wort gesagt, das des Meeres Wasser verändern würde, wäre es mit ihm vermischt worden!” Sie (r) berichtete auch: Ich habe vor ihm einen Menschen imitiert, da erklärte er (s.a.s.): “Ich würde nie einen Menschen imitieren wollen, auch wenn ich dafür das u. das bekommen würde!”
(Abu Dawud und At-Tirmidhi, mit dem Kommentar: Ein guter bis starker Hadith)

Der Verfasser erklärt: Das Wort “verändern” bedeutet verderben, so dass das den Geschmack oder den Geruch des Wassers beeinträchtigen würde wegen des Gestanks und der Verdorbenheit des gesagten Wortes. Dies ist ein ausdrückliches Verbot der üblen Nachrede (von Allah), denn Allah – Erhaben ist Er – spricht (über den Propheten): (Und er spricht nicht aus Begierde. Es ist eine Offenbarung, die (ihm) offenbart wird) (Sura 53:3-4)

Hadith 1526: Anas (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: “Während meiner Himmelfahrt kam ich an Menschen vorbei, deren Fingernägel aus Kupfer waren, und mit denen sie sich ihre eigenen Gesichter und Brüste zerfleischten. Ich sagte: O Gabriel, wer sind diese? Er sagte: Diese sind die, die über die anderen übel redeten und ihre Ehre verletzten!” (Abu Dawud)

Hadith 1527: Abu Huraira (r) berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: “Jedes Muslims Blut, Eigentum und Ehre sind jedem (anderen) Muslim unantastbar heilig..” (1) (Muslim)

(1) Siehe Hadith-Nr. 1570, die vollständige Übersetzung des Hadithes!