Koran, Sure 17, Vers 001

Koranübersetzung:
Gepriesen sei Der, Der bei Nacht Seinen Diener von der heiligen Moschee zu der fernen Moschee, deren Umgebung Wir gesegnet haben, hinführte, auf dass Wir ihm einige Unserer Zeichen zeigten. Wahrlich, Er ist der Allhörende, der Allsehende.

Erläuterung:
17:1 – Über den ersten Vers findet der Leser nachfolgend verschiedene Überlieferungen, welche wiederholt unter derselben Quelle 17:1 gekennzeichnet sind. 17:1 – Man kann fragen: Das Wort “asrā” heißt doch an sich schon nichts anderes als “eine nächtliche Reise unternehmen”. Was soll es dann bedeuten, wenn außerdem noch von der Nacht die Rede ist? Darauf kann erwidert werden: Mit dem Wort eines Nachts will Allāh (t) die Dauer der nächtlichen Reise als gering hinstellen und sagen, dass Er mit Seinem Diener die Reise von Makka nach Jerusalem, die sich sonst über vierzig Nächte hinzieht, innerhalb einer einzigen Nacht ausführte. Über den Ort, von dem die nächtliche Reise ausgeht, besteht Uneinigkeit. Man sagt, dass es die heilige Kultstätte von Makka selbst gewesen ist. Dies ist das Wahrscheinliche; denn es ist vom Propheten (a.s.s.) folgender Bericht überliefert: ”Als ich an der heiligen Moschee in den Gemächern bei der Al-Ka‘ba zwischen Schlaf und Wachen war, kam Gabriel mit dem Al-Burāq zu mir.“ Ferner sagt man, dass die Reise des Propheten von der Wohnung seiner Base Umm Hāni’, der Tochter Abū Ṭālibs, ausging. Dabei ist mit der heiligen Moschee der heilige Bannbezirk von Makka (Al-Ḥaram) gemeint; denn dieser schließt die Kultstätte ein und kann daher mit ihr durcheinander gebracht werden. Nach Ibn ‘Abbās ist der ganze unverletzliche Bannbezirk eine Kultstätte. Weiterhin ist folgendes überliefert: Muḥammad (a.s.s.) schlief nach dem Abendgebet in der Wohnung von Umm Hāni’, da wurde er auf die nächtliche Reise nach Jerusalem mitgenommen und kehrte noch in derselben Nacht zurück. Sodann erzählte er Umm Hāni’ die Geschichte und sagte: “Die Propheten haben sich mir gezeigt, und ich habe mit ihnen das Gebet verrichtet.” Als er sich nun erhob, um zur Kultstätte zu gehen, hing sich Umm Hāni’ an sein Gewand, und er fragte: “Was hast du?” Sie antwortete: “Ich fürchte, dass deine Stammesgenossen dich der Lüge zeihen, wenn du ihnen das erzählst.” Darauf erwiderte er: “Sollen sie mich doch der Lüge zeihen!” und ging weg. Und als sich Abū Ǧahl zu ihm setzte und der Gesandte Allāhs ihm die Geschichte der nächtlichen Reise erzählte, sagte Abū Ǧahl: “Männer der Banū Ka‘b Ibn Lu’ayy. Kommt her!” Nun gab Muḥammad (a.s.s.) ihnen Bericht. Während einige ihm Beifall spendeten, legten andere vor Verwunderung und Missbilligung die Hand an den Kopf. Manche Leute, die zuvor an den Propheten (a.s.s.) geglaubt hatten, wandten sich jetzt von ihm ab. Einige Männer aber liefen zu Abū Bakr, der auf ihren Bericht hin sagte: “Wenn Muḥammad das gesagt hat, dann hat er die Wahrheit gesprochen.” Als die Männer nun fragten: “Also glaubst du ihm das?”, antwortete er: “Ich glaube ihm noch Unwahrscheinlicheres als das. Deswegen hat man Abū Bakr den >streng Wahrheitsliebenden< (Aṣ-Ṣiddīq) genannt. Unter den Anwesenden waren indessen einige, die schon einmal nach jenem Ort gereist waren. Diese forderten Muḥammad (a.s.s.) auf, eine Beschreibung davon zu geben. Jerusalem stand ihm klar vor Augen, und er blickte unverzüglich darauf und beschrieb es ihnen. Sie sprachen: "Die Beschreibung trifft das Richtige", und setzten hinzu: "Erzähl uns von unserer Karawane nach Jerusalem!" So berichtete er ihnen von der Zahl ihrer Kamele und ihrem Zustand und sagte: "Sie werden an dem und dem Tag bei Sonnenaufgang ankommen, wobei ihnen ein graues Kamel vorangehen wird. Am betreffenden Tage zogen die Makkaner aus ihrer Stadt und liefen eilig nach dem Passweg Aṯ-Ṯaniyya. Da sagte einer von ihnen: "Bei Allāh! Die Sonne ist aufgegangen." Und ein anderer sagte: "Bei Allāh! Da kommt die Karawane mit einem grauen Kamel an der Spitze, genau wie Muḥammad es gesagt hat." Trotzdem wurden sie daraufhin nicht gläubig, sondern sagten: "Das ist nichts als ein offenkundiger Zauber". In derselben Nacht, in der die Reise nach Jerusalem stattfand, wurde Muḥammad auch in den Himmel emporgehoben, und zwar nahm die Himmelfahrt von Jerusalem ihren Ausgang. Muḥammad (a.s.s.) erzählte den Angehörigen des Stammes Quraiš auch von den Wunderdingen, die er im Himmel gesehen hatte, dass er dort die Propheten getroffen habe und bis zu dem von Wallfahrern besuchten Haus (Al-Bait Al-Ma‘mūr) und dem Zizyphusbaum am äußersten Ende des Himmels (Sidratu-l-Muntahā) gekommen sei. Weiterhin besteht Uneinigkeit darüber, ob die nächtliche Reise im Zustand des Wachens oder des Schlafs verlief. Von ‘Ā’iša (r), Gattin des Propheten (a.s.s.), ist folgendes Wort überliefert: "Bei Allāh! Man hat den Leib des Gesandten Allāhs während der nächtlichen Reise nicht vermisst. Vielmehr fand die Himmelreise mit seiner Seele (Rūḥ) statt." "Deren Umgebung Wir gesegnet haben": Allāh (t) meint die Segnungen der Religion und des Diesseits; denn Jerusalem war seit Moses die Anbetungsstätte der Propheten und der Ort, an dem die göttliche Eingebung vor Muḥammads Zeit niederkam, und es ist mit strömenden Flüssen und fruchtbringenden Bäumen umsäumt. Er ist der, der die Reden Muḥammads hört und seine Taten sieht sowie deren Reinheit und Aufrichtigkeit kennt. (Zam, Gät) 17:1 - Die Al-Aqṣā-Moschee in Jerusalem, im Land Kanaan, gilt als drittheiligste Stätte des Islam; sie ist die Moschee, zu der unser Prophet Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, seine nächtliche Reise von der heiligen Moschee in Makka aus unternahm. Und es war diese Moschee, von der aus er emporstieg zur Reise durch die sieben Himmel. Vor ca. 4000 Jahren kam der Prophet Abraham (a.s.) dorthin. Dort vereinte David (a.s.) die Stämme Israels. Er erwählte Jerusalem zu seiner Hauptstadt. Salomo (a.s.) erbte das Königreich Davids und errichtete Befestigungsanlagen und einen Tempel als Gebetsstätte auf dem Hügel Moria, der schon seit Urzeiten geehrt worden war. Dort auch begann Jesus (a.s.) seine Botschaft zu verkünden und das Volk zu einer Rückkehr zu den reinen Lehren Abrahams und Moses' zu bewegen. (vgl. Qur’ān 4:157) Im Jahre 324 n.Chr. marschierte der oströmische Kaiser Konstantin in Jerusalem ein. Er stellte die Stadtmauer wieder her, richtete die Grabeskirche ein und gab die Stadt für den christlichen Pilgerverkehr frei. Nach fast dreihundert Jahren christlicher Vorherrschaft fiel Jerusalem erneut Plünderungen sassanidischer Perser zum Opfer. Die Christen wurden umgebracht und ihre heiligen Stätten zerstört. Fünfzehn Jahre später wurden die Perser vertrieben und die byzantinische Herrschaft wieder hergestellt. Es wurden Versuche unternommen, die Stadt wieder aufzubauen. Im Jahre 638 n.Chr. fanden - tausend Jahre permanenter religiöser Verfolgung und Unterdrückung in Jerusalem ihr Ende, als ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb (r), der zweite Kalif des Islam, Jerusalem betrat. Die Bewohner Jerusalems übergaben ihm bereits nach kurzer Belagerung die Stadt. Ihnen lag daran, ihre byzantinischen Machthaber loszuwerden, und mit den Muslimen zu leben. ‘Umar (r) betrat die Stadt zu Fuß. Es gab kein Blutvergießen, kein Morden und keine Plünderungen. Wer die Stadt verlassen wollte, konnte dies ungehindert mit all seinem Hab und Gut tun. Wer es vorzog zu bleiben, dem wurde Schutz seines Lebens, seines Besitzes und der Ausübung seiner Religion garantiert. Es wird überliefert, dass ‘Umar (r) den Bürgermeister der Stadt, Sophronius, nach der Niederschrift der Übergabebedingungen darum gebeten hat, ihn zum Tempel Davids zu führen. Viertausend Gefährten des Propheten Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, begleiteten die beiden. Als sie das Gelände des Tempelberges erreicht hatten, fanden sie es mit Trümmern übersät. ‘Umar (r) begab sich zur westlichen Seite des heiligen Bezirkes, nahm sein Gewand ab, breitete es aus und füllte ihn mit Schutt. Seine Begleiter folgten seinem Beispiel. Auf diese Art trugen sie den Schutt davon, bis der ganze Platz, auf dem heute die Al-Aqṣā-Moschee steht, freigeräumt war. Die gesamte Fläche des geheiligten Bezirkes, betrug mehr als 14 Hektar. Im Zentrum lag der große Felsen, von dem aus der Prophet Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, seine Himmelsreise angetreten hatte, und der zugleich Bezugspunkt für die erste Gebetsrichtung gewesen war. Der Felsen wurde freigelegt und der Boden gereinigt. Es wurde vorgeschlagen, die Muslime sollten sich nördlich des Felsens zum Gebet aufstellen, um ihn bei der Ausrichtung des Gebetes (nach Süden, in Richtung Makka) in die Qibla mit einbeziehen zu können. ‘Umar (r) lehnte diesen Vorschlag ab, verrichtete das Gebet südlich des Felsens, unmittelbar vor der südlichen Mauer des Tempelberges, und entzog so künftiger Verwirrung bezüglich der Gebetsrichtung jegliche Grundlage. Dort, wo heute die Al- Aqṣā-Moschee steht, entstand eine große Holzmoschee, in der 3000 Betende Platz nehmen konnten. Fünfzehn Jahre danach, gegen Ende des siebten Jahrhunderts, machte sich der Umayyadenkalifen ‘Abdulmalik Ibn Marwān die ehrenvolle Aufgabe, den Felsen mit einem der schönsten und dauerhaftesten Kuppelbauten überhaupt zu versehen. Der Felsendom schmückt bis heute die Silhouette der Stadt Jerusalem, und sein Anblick weckt die schönsten Erinnerungen in all jenen, die ihn besucht haben. Er legt Zeugnis ab für die Hochachtung und Liebe, welche die Muslime für diese Stätte empfinden. Nach der Fertigstellung des Felsendomes begannen weitere Bauarbeiten am Südende des heiligen Bezirkes, dort, wo die Holzmoschee gestanden hatte. Eine großzügig angelegte Versammlungsmoschee entstand, die Raum für 5000 Betende bot. Darauf folgten fünf Jahrhunderte des Friedens, der Gerechtigkeit und des Wohlergehens unter islamischer Regierung. Die Moschee wurde zu einer Stätte der Bildung und Gelehrsamkeit. 1095 rief Papst Urban II., unter dem Vorwand, die Rechte der Pilger wiederherstellen zu müssen, zum ersten Kreuzzug auf. Am Morgen des 7. Juni 1099 wurden die Tore Jerusalems nach einer fünfwöchigen Belagerung gestürmt. Innerhalb von zwei Tagen schlachteten die Kreuzfahrer 40000 Männer, Frauen und Kinder. Die Juden der Stadt wurden bei lebendigem Leibe, mitsamt ihrer Synagoge, in der sie Zuflucht gesucht hatten, verbrannt. Die Al-Aqṣā-Moschee und der Felsendom wurden geplündert. Ein goldenes Kreuz wurde auf die Spitze des Felsendoms gepflanzt. Im Felsendom wurden Qur’ān-Kalligraphien zugekleistert. In den Felsen wurden Stufen gehauen, die zu einem neu errichteten Altar führten. Stücke vom Felsengestein wurden mit Gold aufgewogen. Aus der Moschee machte man einen königlichen Palast, nebst Hauptquartier und Baracken für die "Ritter vom Tempelorden". Das gewaltige unterirdische Gewölbe im Osten des Al-Aqṣā Areals wurde zu einer Stallung für 400 Pferde. All dies blieb jedoch nicht völlig unbemerkt von den Muslimen außerhalb Jerusalems. Am 2. Oktober 1187, dem 27. des Monats Raǧab, an dem die Muslime die Himmelsreise des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, feierten, zog Salaheddin nach zwölftägiger Belagerung in Jerusalem ein. Es gab weder Blutvergießen noch Massaker. Wer die Stadt verlassen wollte, konnte dies mit all seinem Hab und Gut tun. Denjenigen, die bleiben wollten, sicherte Salaheddin den Schutz des Lebens, des Besitzes und der Ausübung des Glaubens zu. Das Kreuz wurde vom Felsendom entfernt, die Al-Aqṣā-Moschee mit Rosenwasser gereinigt und ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt. Der großartige Mimbar, den Nureddin vierzig Jahre zuvor in Auftrag gegeben hatte, wurde aufgestellt. Nach 88 Jahren der Unterjochung konnten die Muslime wieder ein Freitagsgebet in der "Fernen" (Al-Aqṣā)-Moschee abhalten. Als im Jahre 1517 der osmanische Sultan Selim in Jerusalem einzog, wurden ihm die Schlüssel zur Al-Aqṣā- Moschee und zum Felsendom anvertraut. Eine Delegation christlicher Kleriker zeigte Selim eine Schriftrolle mit dem von ‘Umar (r) handschriftlich verfassten Vertrag, in welchem ihnen die Rechte über die Grabeskirche und andere heilige Stätten der Christen garantiert wurden. Selim drückte sie an sich, küsste sie und versprach, er werde ‘Umars Wort achten. Selims Sohn Sulaiman - in Europa bekannt als Sulaiman der Große - vereinte sein Reich zur größten Weltmacht des 16. Jahrhunderts. Gestützt auf seine nahezu unerschöpflichen Mittel, restaurierte und erneuerte er ganz Jerusalem, zog neue Stadtmauern mit neuen Toren und Türmen. Sein berühmtestes Geschenk an Jerusalem war jedoch die atemberaubend schöne Verzierung des Felsendomes. 40000 Kacheln wurden mit der unnachahmlichen Fertigkeit an der Außenfassade des Felsendomes angebracht, gekrönt von einer gekachelten Kalligraphie der Sura 36 (Yā Sīn). Diese brillante Hingabe vollkommener Ästhetik zum Lobpreis der göttlichen Offenbarung machte den Felsendom zu einem Meilenstein islamischer Architektur. 17:1 - Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte: ”Eine Reise (um Moscheen zu besuchen) gilt nur für drei Moscheen: Al-Masǧid Al-Ḥarām (in Makka), die Moschee des Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, (in Al-Madīna) und Al-Masǧid Al-Aqṣā (in Jerusalem).“ (Bu). Abū Ḏarr, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete: ”Ich sagte: »O Gesandter Allāhs, welche Moschee wurde zuerst auf der Erde errichtet?« Er sagte: »Die Al-Ḥarām-Moschee (in Makka)«. Ich sagte: »Welche dann?« Er sagte: »Die Al-Aqṣa -Moschee (in Jerusalem)« Ich sagte: »Welche Zeitspanne lag zwischen den beiden?« Er sagte: »Vierzig Jahre. Wo immer du dich in einer von den beiden befindest, und das Gebet fällig ist, so verrichte es dort; denn dort ist es verdienstvoll.«“ (Bu). Al-Barā’ Ibn ‘Āzib, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete: ”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, betete in der Regel sechzehn oder siebzehn Monate lang in Richtung Bait Al-Maqdis (Jerusalem), während er es sehr gern gehabt hätte, wenn er in Richtung Al-Ka‘ba hätte beten dürfen. Dies war der Anlass, dass Allāh den Vers >Wir sehen, wie dein Gesicht sich dem Himmel suchend zukehrt …< (Qur’ān 2:144) offenbarte. Auf Grund dessen verrichtete er das Gebet in Richtung Al-Ka‘ba. Jedoch die Toren unter den Menschen - und diese sind die Juden - sagten: >Was hat sie bewogen, sich von ihrer Qibla abzuwenden, nach der sie sich bisher gerichtet hatten?< Sprich: >Allāh gehört der Osten und der Westen; Er leitet, wen Er will, zu einem geraden Weg.< (Qur’ān 2:142). Nach diesem Ereignis betete ein Mann mit dem Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, und als er nach dem Gebet wegging, kam er auf seinem Weg an Leuten von den Al-Anṣār vorbei, die gerade dabei waren, das Nachmittagsgebet (‘Aṣr) in Richtung Bait Al-Maqdis zu verrichten; so sagte er zu ihnen, er bezeuge es, dass er mit dem Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, gebetet und dabei die Al-Ka‘ba -Richtung eingenommen habe. Dann fingen die Leute an, ihre Richtung so zu ändern, dass sie letzten Endes allesamt in Al-Ka‘ba -Richtung standen.“ (Bu). 17:1 Eroberung Jerusalems: ‘Amr Ibn Al-‘Ās belagerte Jerusalem. Nach der Einnahme von Antiochia stießen Abū ‘Ubaida, Ḫālid und andere Führer des islamischen Heeres zu ihm. Die Christen in Jerusalem hatten wenig Hoffnung auf Hilfe von Byzanz; deshalb entschieden sie sich für die kampflose Übergabe. Jedoch hegten die Christen einige Befürchtungen. Sie wussten, dass sich vorher auch andere Städte kampflos ergeben hatten, und in jedem Fall hatten die Sieger das Leben und das Eigentum der Besiegten geachtet. Sie hatten ihre heiligen Stätten geschont und ihnen erlaubt, ihre eigene Religion auszuüben. Aber weil es sich um Jerusalem handelte, waren sich die Christen da nicht ganz sicher. Die Stadt war sowohl für sie als auch für die Muslime ein heiliger Ort. Vor der Übergabe wollten sie sicher gehen, dass sie gut behandelt würden. Sie machten deshalb Abū ‘Ubaida folgenden Vorschlag: ”Wir sind bereit zur Übergabe, aber euer Kalif muss persönlich zur Unterzeichnung des Friedensvertrages hier erscheinen.“ Die Führer des islamischen Heeres kamen zur Beratung zusammen und berieten über diesen Vorschlag; schließlich stimmten sie ihm zu; denn sie sagten sich: ”Warum sollen wir Blut vergießen für eine Sache, die auch so geregelt werden kann?“ Der Vorschlag der Christen wurde dem Kalifen überbracht: Jerusalem könne genommen werden, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen, aber dazu müsse ‘Umar den weiten Weg von Al-Madīna nach Jerusalem zurücklegen. Darauf ging ‘Umar (r) bereitwillig ein. Als der Kalif nach Jerusalem aufbrach, ließ er ‘Alyy (r) als seinen Stellvertreter zurück. Er nahm nur einen Begleiter mit. Sie hatten nur ein Kamel, das sie abwechselnd ritten. Am Tag der Ankunft in Jerusalem war der Diener an der Reihe zu reiten. ”Führer der Gläubigen“, sagte er, ”es wird in den Augen der Leute seltsam aussehen, wenn ich reite und du das Kamel führst. Sollten wir nicht lieber tauschen?“ ”O nein“, antwortete ‘Umar, ”ich will nicht ungerecht sein! Der Islam ist genug Ehre für uns alle!“ Abū ‘Ubaida, Ḫālid, Yazīd und andere Anführer gingen dem Kalifen entgegen. Sie trugen alle feine luxuriöse Gewänder. Als ‘Umar dies sah, wurde er sehr wütend. Er hob einige Kieselsteine auf, bewarf sie damit und sagte: ”Habt ihr euch in knapp zwei Jahren so sehr verändert? Was ist das für eine Kleidung? Selbst wenn dies 200 Jahre später geschehen wäre, hätte ich euch entlassen!“ Die Heeresführer antworteten: ”O Führer der Gläubigen, wir sind in einem Land, in dem die Kleidung eines Mannes seinen Rang zum Ausdruck bringt. Wenn wir gewöhnliche Kleidung tragen, genießen wir wenig Ansehen im Volk. Aber unter diesen Gewändern tragen wir unsere Waffen.“ Diese Antwort kühlte den Zorn des Kalifen ab. Danach unterzeichnete er den Friedensvertrag, der wie folgt lautete: ”Von ‘Umar, dem Diener Allāhs und Führer der Gläubigen: Den Bewohnern von Jerusalem wird die Sicherheit ihres Lebens und Eigentums gewährleistet. Ihre Kirchen und Kreuze bleiben unversehrt. Ihre religiösen Stätten sollen intakt bleiben; sie sollen weder besetzt noch niedergerissen werden. Das Volk soll in seiner Religionsausübung vollkommen frei und keiner Belästigung ausgesetzt sein (...)“ Nun wurden die Tore der Stadt geöffnet. ‘Umar ging direkt zum Tempel Davids, Al-Masǧid Al-Aqṣā. Er betete unter Davids Bogen. Danach besuchte er die größte christliche Kirche der Stadt. Als es Zeit zum Nachmittagsgebet war, befand er sich gerade in der Kirche. ”Wenn du willst, darfst du in der Kirche beten“, sagte der Bischof. ”Nein“, antwortete ‘Umar; ”denn wenn ich es täte, wäre es vielleicht eines Tages ein Vorwand für die Muslime, euch die Kirche abzunehmen.“ So betete er auf den Stufen vor der Kirche. Er gab dem Bischof auch ein Schreiben, in dem stand, dass die Stufen niemals für gemeinsame Gebete benutzt und dass auch der Āḏān dort nicht gesprochen werden dürfe. ‘Umar (r) wollte in Jerusalem eine Moschee errichten, und er fragte den Bischof, welcher Platz wohl dafür geeignet sei. Der Bischof empfahl die Aṣ-Ṣaḫra, den Felsen, auf dem der Prophet Jakob (a.s.) zu Allāh gebetet haben soll. Hier hatten jedoch die Christen Müll aufgehäuft, um die Juden zu ärgern. Die Aṣ-Ṣaḫra wurde sofort vom Unrat gereinigt. ‘Umar legte zusammen mit den anderen selbst Hand an. Jerusalem, die Stadt Davids und Jesu, Allāhs Friede auf beiden, wurde nun zum Beweis für den Frieden, den der Islam dem Christentum und dem Judentum gewährt. Als alle Spuren von Schmutz beseitigt waren, wurde auf der Aṣ-Ṣaḫra eine Moschee errichtet. Diese steht noch heute dort und ist als "‘Umars Moschee" bekannt. 17:1 - Erwähnt wird hier unser Prophet Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, im Zusammenhang mit diesem gewaltigen Ereignis in einer einzigen Nacht (normalerweise dauerte diese Reise vierzig Nächte), das keinem anderen Menschen zuvor zuteil wurde. Hier wird mit Nachdruck auf die Stellung des Propheten (a.s.s.) hingewiesen, nämlich als Diener Allāhs. Diese Bezeichnung darf nicht vergessen werden, um ihm nicht einen Hauch von Göttlichkeit beizumessen, wie es in der christlichen Lehre in Bezug auf Jesus (a.s.) getan wurde. Hier bezieht sich der Ausdruck auf die Al-Ka‘ba in Makka. Sie war noch nicht von den Götzen gereinigt und ihrer Bestimmung als Gebetshaus für Allāh (t) zurückgegeben worden. Dies war symbolisch für die neue Botschaft, die der Menschheit übermittelt wurde. "Die ferne Moschee" muss sich auf das Grundstück des salomonischen Tempels in Jerusalem auf dem Berg Mora beziehen, in dessen Nähe sich der Felsendom befindet, der auch ‘Umar-Moschee genannt wird. Diese und die als ferne Moschee bekannte Moschee (Al-Masǧid Al-Aqṣā) wurden im Jahre 68 nach der Hiǧra von Amīr ‘Abdulmalik vollendet. Ferne Moschee deswegen, weil sie der am weitesten westlich gelegene Gebetsort war, den die Araber zur Zeit des Propheten Muḥammad (a.s.s.) kannten. Folgendes sind die wichtigsten Daten in Verbindung mit dem Tempel: Er wurde um 1004 v.Chr. von Salomon fertiggestellt; von den Babyloniern unter Nebukadnezar um 586 v.Chr. zerstört; um 515 v.Chr. unter Esra und Nehemia wieder aufgebaut; um 167 v.Chr. von einem der Nachfolger Alexanders in einen heidnischen Götzentempel verwandelt; zwischen 17 v.Chr. und 29 n.Chr. von Herodes restauriert und schließlich 70 n.Chr. von Kaiser Titus völlig dem Erdboden gleichgemacht. In diesem Vers wird nur ein Teil der Reise erwähnt, nämlich der von Makka nach Jerusalem. Als Zielsetzung wird hier genannt, dass Allāh (t) Seinem Gesandten einige Seiner Zeichen zeigen wollte. Weitere Einzelheiten erwähnt der Qur’ān nicht. Nach Berichten in der Ḥadīṯ-Literatur wurde der Prophet (a.s.s.) zunächst nach Jerusalem geführt, wo er in Gemeinschaft mit den anderen Propheten das Gebet verrichtete. Dann wurde er in höhere Sphären gebracht, wo er jeweils einige der größten Propheten traf. Unter anderen wichtigen Aufträgen wurde ihm hier auch das tägliche fünfmalige Gebet geboten. Während dieser Reise wurden ihm Paradies und Hölle gezeigt. Die makkanischen Götzendiener verspotteten seinen Bericht von dieser Reise, und selbst einige Muslime waren skeptisch. (ÜB)

Arabischer Originaltext:
سُبۡحَٰنَ ٱلَّذِيٓ أَسۡرَىٰ بِعَبۡدِهِۦ لَيۡلٗا مِّنَ ٱلۡمَسۡجِدِ ٱلۡحَرَامِ إِلَى ٱلۡمَسۡجِدِ ٱلۡأَقۡصَا ٱلَّذِي بَٰرَكۡنَا حَوۡلَهُۥ لِنُرِيَهُۥ مِنۡ ءَايَٰتِنَآۚ إِنَّهُۥ هُوَ ٱلسَّمِيعُ ٱلۡبَصِيرُ


Koranaudio