Koran, Sure 2, Vers 219

Koranübersetzung:
Sie befragen dich über Berauschendes und Glücksspiel. Sprich: ”In beiden liegt großes Übel und Nutzen für die Menschen. Doch ihr Übel ist größer als ihr Nutzen.“ Und sie befragen dich, was sie spenden sollen. Sprich: ”Den Überschuss.“ So macht euch Allah die Zeichen klar, damit ihr nachdenken mögt

Erläuterung:
2:219 – Man nehme zur Kenntnis, dass in Allāhs Wort “Sie befragen dich über Berauschendes (Al-Ḫamr) und Glückspiel (Al-Maisir)” nicht näher erklärt ist, nach was die Leute gefragt haben. Es ist nämlich möglich, dass sie nach dem wahren Wesen und der Natur des Weines gefragt haben. Ferner können sie gefragt haben, ob es erlaubt sei, Nutzen aus dem Berauschenden zu ziehen. Und schließlich können sie gefragt haben, ob es erlaubt oder sündhaft sei, ihn zu trinken. Da Allāh indessen auf die Frage mit einem Hinweis auf die Sündhaftigkeit antwortet, liefert die spezielle Ausrichtung der Antwort einen Beweis dafür, dass die Frage sich auf die Erlaubnis und die Sündhaftigkeit richtete. In dem Vers liegen verschiedene Fragenkomplexe: Es wurde berichtet: Über das Berauschende sind vier Verse herabgekommen. In Makka kam folgendes Wort Allāhs herab: “Und Wir geben euch von den Früchten der Palmen und Weinstöcke zu trinken, woraus ihr euch einen Rauschtrank (Sakar) und schönen Unterhalt macht” (16:67). Die Muslime tranken daraufhin solche Getränke, da sie ihnen erlaubt waren. Nun sagten aber ‘Umar, Mu‘āḏ und eine Gruppe der Prophetengefährten: “O Gesandter Allāhs! Erstatte uns ein Gutachten über das Berauschende; denn dieser nimmt den Verstand und raubt das Vermögen! Da kam über das Berauschende das folgende Wort Allāhs herab: “Sprich: In ihm liegt eine schwere Sünde. Und dabei ist es für den Menschen auch manchmal von Nutzen.” Nunmehr tranken es einige Leute, während andere es unterließen. Damals lud ‘Abdurraḥmān Ibn ‘Auf einige Leute ein, und sie tranken und wurden berauscht. Einer von ihnen erhob sich, um das Gebet zu verrichten und rezitierte falsch: “Sprich: Ihr Ungläubigen! Ich verehre” (statt: Ich verehre nicht) “was ihr verehrt” (109:1f.). Hierauf kam herab: “Kommt nicht betrunken zum Gebet!” (4:43), und die Zahl derer, die das Berauschende tranken, nahm ab. Nun kamen einige von den Al-Anṣār zusammen, darunter Sa‘d Ibn Abī Waqqāṣ. Als sie betrunken waren, prahlten sie und trugen sich gegenseitig Gedichte vor, bis schließlich Sa‘d ein Gedicht hersagte, das eine Schmähung der Al-Anṣār enthielt. Da nun einer der Al-Anṣār mit dem Kinnknochen eines Kamels auf Sa‘d einschlug und ihm eine tiefe Kopfwunde beibrachte, beklagte sich dieser beim Gesandten Allāhs, und ‘Umar sagte: “O Allāh! Gib uns eine zureichende Erklärung über die Al-Ḫamr (das Berauschende)!” Da kam herab: “Al- Ḫamr, das Glückspiel, die Opfersteine und die Lospfeile sind ein wahrer Gräuel und Teufelswerk. Meidet es! Vielleicht wird es euch dann wohlergehen. Der Satan will ja durch Al-Ḫamr und das Glückspiel nur Feindschaft und Hass zwischen euch aufkommen lassen und euch vom Gedenken Allāhs und vom Gebet abhalten. Wollt ihr denn nicht damit aufhören?” (5:90f.). ‘Umar (r) meinte dazu: “Werden wir aufhören, o Herr?” Al-Qaffāl hat gesagt, die Weisheit dessen, dass das Verbot des Al-Ḫamr-Trinkens in dieser Aufeinanderfolge erging, liege in folgendem: Allāh (t) wusste, dass die Leute an das Al-Ḫamr-Trinken gewohnt waren und vielfachen Nutzen daraus zogen. So wusste Er auch, dass es für sie unerträglich gewesen wäre, wenn Er ihnen den Weingenuss auf einen Schlag untersagt hätte, und so wollte Er zweifellos deshalb beim Verbot des Al-Ḫamr- Trinkens diese Stufung und Milde für die Gläubigen. Es gibt jedoch auch Leute, die behaupten, Allāh (t) habe das Berauschende und das Glückspiel in dem vorliegenden Vers verboten, und sein Wort “Kommt nicht betrunken zum Gebet!” sei erst danach herabgekommen. Mit diesem Wort sei nämlich die Forderung verbunden, dass das Al-Ḫamr-Trinken während der Gebetszeit verboten ist; denn wer Al-Ḫamr trinkt, kann sein Gebet nur im Rausch verrichten. Wenn also der Rausch verboten sei, so sei damit auch das Verbot des Trinkens von Al-Ḫamr einbegriffen. Nach diesem Wort sei dann der Vers 5:90f. herabgekommen. Er stelle die strengste nur mögliche Form des Verbotes dar. Ibn ‘Umar (r) hat gesagt, dass ‘Umar folgendes gesagt hat: “Das Verbot kam an einem bestimmten Tag herab, als das Berauschende aus fünferlei Dingen bereitet wurde, nämlich aus Trauben, Datteln, Weizen, Gerste und Hirse. Unter Ḫamr verstand man damals das, was den Verstand “bedeckt” (ḫamara). Hieraus kann man dreierlei Schlüsse ziehen: (a) Der erste ist folgender: ‘Umar hat berichtet, dass die Al-Ḫamr einem bestimmten Tag verboten wurde, als man sie ebenso aus Weizen, Gerste und Hirse wie aus Trauben und Datteln gewann. Dies beweist, dass man das alles als Ḫamr bezeichnete. (b) Der zweite ist folgender: ‘Umar hat gesagt, dass der Wein an einem bestimmten Tag verboten wurde, als man ihn aus diesen fünf Dingen gewann. Dies ist so gut wie eine ausdrückliche Erklärung, dass das Al-Ḫamr-Verbot das Verbot dieser fünf Arten umfasst. (c) Der dritte ist folgender: ‘Umar hat ergänzend von jeglichem Getränk gesprochen, das den Verstand “bedeckt”. Zweifellos kannte ‘Umar den richtigen Sprachgebrauch. Somit geht seine Überlieferung dahin, dass Al-Ḫamr eine Bezeichnung für alles ist, was den Verstand “bedeckt”. Und so weiter. Abū Dāwūd hat weiterhin nach Nāfi‘ und dieser nach Ibn ‘Umar überliefert: Der Gesandte Allāhs hat gesagt, dass jedes berauschende Getränk verboten sei. Der Sinn der Aussage des Gesandten Allāhs besteht darin, dass jedes berauschende Getränk im Hinblick auf die Sündhaftigkeit des Genusses zu behandeln ist. Von ‘Ā’iša (r), Gattin des Propheten (a.s.s.), wurde folgendes überliefert: Man fragte den Gesandten Allāhs nach dem Bit‘-Getränk, worauf er antwortete: ”Jedes Getränk, das berauscht, ist verboten.“ Abū Dāwūd hat nach Ǧābir Ibn ‘Abdullāh folgendes überliefert: ”Der Gesandte Allāhs hat gesagt, dass von dem, welches in großer Menge berausche, auch eine kleine Menge verboten ist.“ Nach ‘Ā’iša (r) wurde überliefert: ”Ich hörte, wie der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte: »Jedes Berauschende ist verboten. Was in der Menge eines “Farq” berauscht, ist auch in der geringeren Menge einer Handvoll verboten.«“ Al-Ḫaṭṭābyy hat gesagt, der Farq sei ein Maß, das sechszehn “Raṭl” umfasse. Hier zeigt sich am allerdeutlichsten, dass die Sündhaftigkeit sich auf alle Teile des berauschenden Getränks erstreckt. (Raz, Gät) (vgl. dazu 4:43, 5:90). 2:219 – ‘Umar bat Allāh mehrmals, bezüglich des Alkohols eine klare Aussage zu offenbaren, indem er sagte: ”O Allāh, gib uns über alles Berauschende eine entscheidende Erklärung!“ Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 4. Jahr n.H. in Al-Madīna offenbart. 2:219 – Dies ist ein berühmter Vers des Qur’ān. In diesem Vers wurde eine fundamentale Lehre niedergelegt, die – falls sie mit richtigem Ernst ausgeübt wird – zum Aufbau einer Wohlfahrtsgesellschaft führen wird. Die Gefährten des Propheten (a.s.s.) waren immer eifrig darin, ihren Reichtum im Wege Allāhs auszugeben. Sie wollten nichts für sich selbst behalten und waren ängstlich darauf bedacht, jede kleine Münze um des Islam willen auszugeben. Nachdem sie die Zakāh gezahlt hatten, fragten sie oft den Propheten, was sie noch mehr spenden sollten. In diesem Vers ist eine Antwort auf diese Frage gegeben! Allāh (t) sagt: Sie fragen dich, wie viel sie spenden sollen; sprich: Was über euren Eigenbedarf hinausgeht. Auf diese Weise kamen sie nicht in Verlegenheit, was ihren Wunsch anbelangte, ihren Reichtum um Allāhs Willen auszugeben; und nachdem sie ihre legitimen Bedürfnisse erfüllt hatten, konnten sie dem Land und dem Gemeinwesen dadurch dienen, aus ihrem überflüssigen Reichtum auszugeben. Diese Lehre des Islam kam zu einer Zeit, als der Verwaltungsapparat und die wirtschaftlichen Verhältnisse noch in einem Entwicklungsstadium waren. Die Verwaltung hatte keinen besonderen Sitz, durch den es Sozialeinrichtungen auf einem kollektiven Standard einrichten konnte. Daher überließ der Qur’ān diese Sache zur Entscheidung der Individuen, nachdem sie die Zakāh gezahlt hatten. Dies ist der Grund, warum der Qur’ān darauf Wert legt, die Armen zu speisen, die Bedürftigen zu unterstützen, den Waisen zu helfen. Heute, wo der Verwaltungsapparat sich zu solch einem Ausmaße entwickelt hat, dass er jeden Aspekt des menschlichen Lebens berührt, und das Gemeinwohl die Verantwortung des Staates wurde, ist es umsomehr notwendiger geworden, dass der überflüssige Reichtum, der nur unter einigen begüterten Leuten zirkuliert, an einem Platz konzentriert wird und unter regelmäßiger Planung hergegeben wird, die Armut zu beheben. Wenn dies die heutige Ordnung würde, so würde der Klassenkampf, der den Frieden der Menschheit in jeder Lebenssphäre zerstört, zu einem Ende kommen. (Nia) (vgl. dazu 9:9-11)

Arabischer Originaltext:
۞يَسۡ‍َٔلُونَكَ عَنِ ٱلۡخَمۡرِ وَٱلۡمَيۡسِرِۖ قُلۡ فِيهِمَآ إِثۡمٞ كَبِيرٞ وَمَنَٰفِعُ لِلنَّاسِ وَإِثۡمُهُمَآ أَكۡبَرُ مِن نَّفۡعِهِمَاۗ وَيَسۡ‍َٔلُونَكَ مَاذَا يُنفِقُونَۖ قُلِ ٱلۡعَفۡوَۗ كَذَٰلِكَ يُبَيِّنُ ٱللَّهُ لَكُمُ ٱلۡأٓيَٰتِ لَعَلَّكُمۡ تَتَفَكَّرُونَ


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