Koran, Sure 24, Vers 11

Koranübersetzung:
Diejenigen, welche die große Lüge vorbrachten, bilden eine Gruppe von euch. Glaubt nicht, dies sei übel für euch; im Gegenteil, es gereicht euch zum Guten. Jedem von ihnen soll die Sünde, die er begangen hat, ; und der von ihnen, der den Hauptanteil daran verschuldete, soll eine schwere Strafe erleiden.

Erläuterung:
24:11 – Der Anlass der Offenbarung erfolgte auf Grund der Berührung der häuslichen Sphäre des Propheten (a.s.s.), die die Muslime im Jahre 5-6 der Hiǧra beschäftigte. Es handelt sich um die sog. “Lügengeschichte” (Ḥadīṯu-l-Ifk): Es war eine unverschämte Lüge, die über die Mutter der Gläubigen, ‘Ā’iša (r), Gattin des Propheten (a.s.s.) verbreitet wurde. ‘Ā’iša (r) erzählte selbst, was ihr seinerzeit widerfuhr: ”Immer, wenn der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, beabsichtigte, Al-Madīna zu verlassen, ließ er durch das Los entscheiden, welche seiner Frauen ihn begleiten durfte. So tat er es auch vor dem Feldzug gegen die Banū Al-Muṣṭaliq. Das Los fiel auf mich, und der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, nahm mich mit. Die Frauen pflegten damals nur Kleinigkeiten zu essen, damit sie unterwegs nicht zu schwer waren. Wenn mein Kamel gesattelt wurde, saß ich gewöhnlich schon in der Kamelsänfte, dem Haudaǧ; dann kamen die Männer, fassten den Haudaǧ unten an, hoben ihn hoch, legten ihn dem Kamel auf den Rücken, banden ihn mit Stricken fest und zogen, das Kamel am Kopfe führend, los. Nach dem Unternehmen gegen die Banū Al-Muṣṭaliq machte sich der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, wieder auf den Rückweg. In der Nähe von Al-Madīna ließ er eine Rast einlegen, und wir verbrachten dort einen Teil der Nacht. Als er wieder zum Aufbruch rufen ließ, begannen die Leute sich fertigzumachen, und ich ging etwas abseits, um meine Notdurft zu verrichten. Am Hals trug ich eine meiner Onyxketten. Ohne dass ich es merkte, glitt diese, als ich mein Bedürfnis verrichtet hatte, mir vom Hals, und erst bei meiner Rückkehr zum Lagerplatz griff ich suchend nach ihr und vermisste sie. Obwohl man bereits mit dem Aufbruch begonnen hatte, kehrte ich nochmals an jene Stelle zurück und suchte die Kette, bis ich sie fand. Die Männer, die mir das Kamel sattelten, waren inzwischen nach Beendigung ihrer Arbeit zu meiner Lagerstelle gekommen, die ich gerade wieder verlassen hatte, und dachten, ich sei wie gewöhnlich bereits im Haudaǧ. In der festen Annahme, dass ich mich darin befände, hoben sie ihn auf das Kamel und zogen weiter. Ich aber fand bei meiner Rückkehr ins Lager keine Menschenseele mehr vor. Sie waren alle weg. Da wickelte ich mich in mein Gewand und legte mich hin; denn ich wusste ja, dass man gewiss zu mir zurückkehren werde, sobald man mich vermisste. Und, bei Allāh, kaum hatte ich mich niedergelegt, da kam Ṣafwān Ibn Mu‘attal vom Stamm Sulaim vorbei. Aus irgendeinem Grunde war er hinter dem Heer zurückgeblieben und hatte die Nacht nicht zusammen mit den anderen verbracht. Als er meine Gestalt erblickte, kam er heran und blieb bei mir stehen. Er hatte mich schon früher einmal gesehen als wir noch nicht den Schleier tragen mussten. Als er mich erkannte, rief er aus: »Wir gehören Allāh und kehren zu Ihm zurück! Die Frau des Propheten!« Und während ich in meinem Gewand eingehüllt blieb, fuhr er fort: »Weshalb bist du zurückgeblieben? Allāh erbarme Sich deiner!« Ich antwortete nicht. Er holte sein Kamel, bat mich aufzusteigen und hielt sich dabei von mir fern. So stieg ich auf; er zog das Kamel am Kopf und machte sich eilends auf den Weg, um unsere Leute einzuholen. Aber, bei Allāh, wir erreichten sie nicht, und ich wurde auch nicht vermisst, bis es Morgen wurde und sie haltmachten. Nachdem sie sich ausgeruht hatten, tauchte Ṣafwān mit mir bei ihnen auf. Sogleich verbreiteten die Verleumder ihre Lügen über mich, und das ganze Heer geriet in Aufregung. Ich aber wusste, bei Allāh, von alledem nichts. Wir gelangten nach Al-Madīna, und alsbald wurde ich sehr krank, so dass ich immer noch nichts von den Gerüchten erfuhr. Diese aber waren bis zum Propheten und zu meinen Eltern gedrungen, die mir nicht das Geringste erzählten. Ich vermisste nur die gewohnte Freundlichkeit des Propheten; denn immer, wenn ich sonst krank gewesen war, verhielt er sich mir gegenüber besonders nett und fürsorglich. Diesmal kümmerte er sich aber nicht um mich, und mir fehlte seine Aufmerksamkeit. Immer, wenn er zu mir kam, fragte er lediglich meine Mutter, die mich pflegte: »Wie geht es ihr?«, und sonst nichts. Es tat mir im Herzen weh, und als ich bemerkte, wie er sich mir entfremdet hatte, bat ich ihn, mir zu erlauben, dass man mich zur Pflege ins Haus meiner Mutter brächte. Er hatte nichts dagegen. So brachte man mich zu meiner Mutter, wobei ich aber immer noch nicht wusste, was eigentlich geschehen war, bis ich nach über zwanzig Tagen von meiner Krankheit wieder genas. Wir waren Araber und hatten nicht diese gewissen Örtchen in unseren Häusern, wie die Fremden sie haben. Wir ekeln uns davor und verabscheuen sie. Um ein Bedürfnis zu verrichten, pflegten wir ins Freie, außerhalb der Stadt zu gehen. Die Frauen taten dies stets des Nachts. Eines Abends ging ich also zusammen mit Umm Misṭaḥ, die zum Geschlecht der ‘Abdmanāf gehörte und eine Tante meines Vaters Abū Bakr war, hinaus, um meine Notdurft zu verrichten. Wie sie so mit mir dahinschritt, stolperte sie über ihr Kleid und schimpfte: »Soll doch Misṭaḥ fallen!« »Bei Allāh, Dem Ewigen«, entfuhr es mir, »so spricht man nicht über einen Auswanderer, der bei Badr gekämpft hat!« Doch sie entgegnete: »Hast du, Tochter des Abū Bakr denn nicht das Gerücht gehört?« »Was für ein Gerücht?« erwiderte ich und, nachdem sie mir erzählt hatte, was die Verleumder redeten, fragte ich sie: »Ist das wirklich wahr?« »Ja, bei Allāh, so ist es«, gab sie zurück. Ich konnte nicht einmal mehr meine Notdurft verrichten, sondern lief sofort zurück und, bei Allāh, ich weinte so sehr, dass ich dachte, es würde mir das Herz zerreißen. Zu Hause schalt ich meine Mutter: »Allāh möge dir vergeben! Die Leute reden über mich, und du sagst mir kein Wort davon«, »O meine liebe Tochter«, versuchte sie mich zu trösten, »nimm es nicht so schwer! Es gibt kaum eine schöne Frau, die mit einem Mann verheiratet ist, der sie liebt, ohne dass die Nebenfrauen und auch die anderen Leute über sie reden.« Der Prophet aber erhob sich unter den Muslimen und predigte ihnen, ohne dass ich davon wusste. Er lobte und pries Allāh und sprach: »O ihr Menschen! Wie kommt es, dass einige Männer mich wegen meiner Familie kränken und unwahr von ihr sprechen! Bei Allāh, ich weiß nur Gutes von ihr. Wie kommt es, dass sie dies von einem Mann behaupten, von dem ich auch nur Gutes weiß und der keines meiner Zimmer ohne meine Begleitung betritt!« Die Hauptschuld an den Gerüchten trugen ‘Abdullāh Ibn Ubaiyy unter den Männern des Stammes Al-Ḫazraǧ, sowie Misṭaḥ und Ḥamna, die Tochter des Ǧaḥš. Ḥamnas Schwester, Zainab, war nämlich eine der Frauen des Propheten, und diese war die einzige unter seinen Frauen, die sich mit mir in seiner Wertschätzung messen konnte. Während Allāh aber Zainab in ihrem Glauben beschützte, so dass sie nur Gutes sprach, verbreitete Ḥamna das Gerücht überall. Sie tat dies gegen mich und zugunsten ihrer Schwester, die darunter sehr litt. Auf die oben genannten Worte des Propheten erwiderte Usaid Ibn Ḫuḍair: »Wenn die Verleumder zum Stamm Al-Aus gehören, werden wir dich vor ihnen schützen; gehören sie aber zu unseren Brüdern vom Stamm Al-Ḫazraǧ, so gib uns deine Befehle; denn bei Allāh, dies wären wahrlich Menschen, denen man den Kopf abschlagen sollte.« Darauf erhob sich Sa‘d Ibn ‘Ubāda, den man bislang für einen frommen Mann gehalten hatte, und sprach: »Bei Allāh! Du lügst! Wir werden sie nicht enthaupten! Du hättest dies nie gesagt, wenn du nicht wüsstest, dass sie zu den Al-Ḫazraǧ gehören. Wären sie aus deinem Stamm, hättest du dies nicht gesagt.« »Du lügst«, gab Usaid zurück, »du bist ein Heuchler, der für die Heuchler streitet!« Die Männer gingen aufeinander los, und beinahe wäre es zwischen den beiden Stämmen zu einem Kampf gekommen. Danach kam der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, zu mir und rief ‘Alyy und Usāma Ibn Zaid, um sich mit ihnen zu beraten. Usāma lobte mich sehr und fuhr fort: »O Prophet Allāhs! Es ist deine Familie, und wir wissen nur das Beste über sie. All das, was behauptet wird, ist erlogen und falsch! ‘Alyy dagegen sprach: »O Prophet Allāhs! Frauen gibt es wahrlich genug, und du kannst sie leicht ersetzen. Frage doch die Sklavin, sie wird dir die Wahrheit sagen!« Der Prophet rief Buraira. ‘Alyy trat auf sie zu, versetzte ihr einen heftigen Schlag und fuhr sie an: »Sage dem Propheten die Wahrheit!« »Bei Allāh«, begann sie, »ich weiß nur Gutes über ‘Ā’iša. Das einzige, was ich an ihr auszusetzen habe, ist, dass sie, wenn ich meinen Teig geknetet habe und sie bitte, darauf achtzugeben, dabei einschläft; dann kommt das Schaf und frisst den Teig.« Dann kam der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, zu mir ins Zimmer bei mir waren meine Eltern und eine Frau von den Al-Anṣār, die mit mir weinte, setzte sich, pries und lobte Allāh und sprach: »‘Ā’iša! Du weißt, was die Leute über dich reden! So fürchte Allāh, und wenn du etwas von dem getan hast, was die Leute behaupten, bereue es vor Allāh; denn Er nimmt die Reue Seiner Diener an.« Kaum hatte er dies gesagt, schwanden meine Tränen, so dass ich sie nicht mehr spürte. Ich erwartete, dass meine Eltern für mich antworten würden, aber sie sagten nichts. Bei Allāh, ich kam mir selbst zu armselig und klein vor, als dass ich erwartet hätte, dass Allāh wegen mir Qur’ān-Verse herabsenden könnte, die man in den Moscheen rezitieren und beim Gebet sprechen würde, aber ich hoffte doch, dass der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, im Traum etwas sehen oder Allāh ihm etwas mitteilen möge, um die Verleumdung von mir abzuwenden; denn Er kannte meine Unschuld. Für eine qur’ānische Offenbarung kam ich mir fürwahr zu unbedeutend vor. Als ich bemerkte, dass meine Eltern nichts sagten, fragte ich sie: »Antwortet ihr dem Propheten denn nicht?« »Bei Allāh, wir wissen nicht, was wir ihm erwidern sollen«, gaben sie zurück. Ich kenne keine Familie, die so viel gelitten hat wie die Familie meines Vaters Abū Bakr in jenen Tagen. Als sie weiterhin schwiegen, brach ich erneut in Tränen aus und sagte: »Bei Allāh, ich werde niemals etwas derartiges vor Allāh bereuen! Ich weiß, dass ich, wenn ich bestätigen würde, was die Leute behaupten und Allāh weiß, dass ich unschuldig bin, etwas gestehen würde, was nicht geschehen ist. Streite ich aber ihre Verleumdungen ab, wirst du mir nicht glauben.« Dann versuchte ich, mich an den Namen Jakob zu erinnern, kam jedoch nicht darauf. Deshalb sagte ich: »Ich werde dir wie Yūsufs Vater antworten: >Und sie hatten falsches Blut auf sein Hemd gebracht. Er sagte: >>Nein, ihr habt das geplant. Doch schön geduldig sein. Und Allāh sei um Hilfe wider das gebeten, was ihr beschreibt.<<« (Qur’ān 12:18) Und, bei Allāh, der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, hatte sich von seinem Platz noch nicht erhoben, als in der gewohnten Weise eine Offenbarung Allāhs über ihn kam. Man bedeckte ihn mit seinem Gewand und legte ihm ein Lederkissen unter sein Haupt. Ich aber fürchtete und sorgte mich nicht, als ich dies sah; ich wusste ja, dass ich unschuldig war und dass Allāh mich nicht ungerecht behandeln würde. Nicht so meine Eltern. Bei Dem, in Dessen Hand meine Seele liegt! Kaum kam der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, wieder zu sich, als ich dachte, meine Eltern würden sterben aus Angst, Allāh könnte die Behauptung der Leute bestätigt haben. Der Prophet kam zu sich und setzte sich auf. Der Schweiß rann ihm vom Gesicht wie Perlen an einem Wintertag. Während er ihn sich von der Stirn wischte, sprach er: »Freue dich über die Botschaft, ‘Ā’iša! Allāh hat deine Unschuld offenbart.« Ich aber lobte Allāh. Sodann trat der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, hinaus vor die Leute, und trug ihnen vor, was Allāh offenbart hatte. Dem Misṭaḥ Ibn Uṯāṯa, dem Ḥassān Ibn Ṯābit und der Ḥamna Bint Ǧaḥš aber, die vor allem jene Ungeheuerlichkeit verbreitet hatten, ließ er die vorgeschriebene Anzahl an Peitschenhieben verabreichen. (vgl. 24:11-15) Nachdem dies über ‘Ā’iša und ihre Verleumder offenbart worden war, sprach ihr Vater Abū Bakr, der den Misṭaḥ finanziell unterstützte, weil dieser mit ihm verwandt war und Not litt: »Bei Allāh, ich werde dem Misṭaḥ nichts mehr geben und werde ihm nicht mehr im Geringsten helfen, nach alledem, was er über ‘Ā’iša gesagt und was er über uns gebracht hat.« Daraufhin sandte Allāh die Offenbarung in 24:22 herab: »Wahrlich, ich möchte, dass Allāh mir vergibt«, sprach Abu Bakr und zahlte an Misṭaḥ wie bisher und schwor, dass er ihm die Unterstützung nie entziehen werde. (Rtt)

Arabischer Originaltext:
إِنَّ ٱلَّذِينَ جَآءُو بِٱلۡإِفۡكِ عُصۡبَةٞ مِّنكُمۡۚ لَا تَحۡسَبُوهُ شَرّٗا لَّكُمۖ بَلۡ هُوَ خَيۡرٞ لَّكُمۡۚ لِكُلِّ ٱمۡرِيٕٖ مِّنۡهُم مَّا ٱكۡتَسَبَ مِنَ ٱلۡإِثۡمِۚ وَٱلَّذِي تَوَلَّىٰ كِبۡرَهُۥ مِنۡهُمۡ لَهُۥ عَذَابٌ عَظِيمٞ


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