Koran, Sure 81, Vers 09

Koranübersetzung:
: ”Für welch ein Verbrechen wurdest du getötet?“

Erläuterung:
81:8-9: Wenn sich dieser Vers auf den Brauch der Al-Ǧāhiliyya bezieht, so wird dieses Verbrechen bis unserer Zeit praktiziert. Über die heutigen Praktiken des Kindesmords wird beispielsweise in der Presse folgendes berichtet: ”Gleich nach der Geburt wurde der Säugling mit einem Kissen erstickt. Er war gesund, doch weiblichen Geschlechts. Mädchen wurden im alten China meist als “Ware ohne Gewinn” angesehen und deshalb gleich nach der Geburt von ihren weinenden Müttern auf Befehl ihrer Väter getötet … Der schreckliche Brauch der Kindestötung lebt heute in China weiter auf; denn die staatliche Geburtenkontrolle erlaubt einer Familie nur ein Neugeborenes. So töteten auf dem Land in letzter Zeit vermehrt Eltern eine Tochter gleich nach der Geburt, weil sie sich die Chance bewahren wollten, noch einen männlichen Stammhalter zu bekommen … Hält sich eine Familie … nicht an die staatlich verordnete Ein-Kind-Planung, wird sie bestraft. Erst einmal ist Schluss mit Prämien und Lohnerhöhungen für Vater und Mutter. Dann müssen beide auf einer Kritikversammlung ihrer Arbeitseinheiten ihres Dorfes die Zeugung öffentlich bereuen … Das Kind gilt bei den Behörden für mehrere Jahre als “nichtexistent”. Es erhält keine Stoff- und Lebensmittelrationen zugeteilt. Die Eltern müssen ihre Rationen mit dem “unerwünschten” Wesen teilen.“ (KStA. Nr.4/31/83). 81:8-9: ”Mitten in der Zeit des indischen Wahlkampfes erschien der “Times of India” eine Meldung so sensationell, dass sie die üblichen Wahlreportagen von der ersten Seite verdrängte: Im Dorf Devra, gelegen im Wüstenstaat Rajasthan, war ein junges Mädchen verheiratet worden. Was sonst in Indien eine nicht erwähnenswerte Alltäglichkeit ist, war hier eine Einmaligkeit. Denn das Mädchen, deren Namen man nicht für mitteilungswürdig hielt, so dass nur der Name des Vaters, Inder Singh, Erwähnung fand, war das erste weibliche Wesen, das seit 110 Jahren in diesem Dorf eine Eheschließung einging. Des Rätsels Lösung: sie war das erste Mädchen, das in den vergangenen 110 Jahren am Leben geblieben ist. Bei allen anderen Mädchen hatte man dafür gesorgt, dass sie gar nicht erst ins heiratsfähige Alter kamen. Sie waren gleich nach der Geburt in Milch ertränkt, mit einem Kissen erstickt oder einfach mit Opium gefüttert worden, das in jedem Rajasthani-Haushalt bereitsteht. Niemand hatte bisher dagegen protestiert. Auch die aus anderen Dörfern stammenden Mütter nicht, denen man, wie allen Mädchen in Indien, von klein auf beigebracht hatte, dass es ihre Bestimmung sei, ihrem künftigen Ehemann zu dienen und ihm Söhne zu gebären, auf keinen Fall jedoch Töchter. Das gilt auch für andere Teile Indiens, wo man kleine Mädchen genauso unbedenklich und hemmungslos umbringt, weil sie später nur gegen eine die Familie häufig ruinierende Mitgift an einen Mann losgeschlagen werden können. Inder Singhs Tochter machte nun Geschichte, weil sie einfach Glück gehabt hatte. Denn die mit ihr schwangere Mutter war seinerzeit für die Geburt ins Nachbardorf zu ihren Eltern zurückgekehrt, wo man zwar auch die neugeborenen Mädchen umzubringen pflegte, nur nicht so unerbittlich wie in Devra. Also ließ man die Kleine leben und sie verbrachte zehn Jahre bei ihren Großeltern. Als sie schließlich nach Devra zurückkehrte, hatte sie abermals großes Glück. Denn ihre Ankunft fiel mit einem sehr erfolgreichen Geschäftsabschluss für ihre Familie zusammen, und abergläubisch, wie man war, hieß es: seit sie da ist, steht ein guter Stern über dem Haus. Abermals durfte sie leben. Aber die große Frage ist, wird es auch ihre Tochter, dürfen; wenn sie eine bekommt? In der indischen, auf Söhne fixierten Gesellschaft, haben selbst in den angeblich aufgeklärteren Städten Mädchen keine guten Chancen. Obwohl seit einiger Zeit Geschlechtsbestimmungs-Tests verboten sind, blüht das Geschäft der Privatkliniken mit Ultraschall und Amniocentese. Ist das ungeborene Kind ein Mädchen, dann wird es meistens abgetrieben. Das Verbot besteht nur auf dem Papier. Seit neuestem erscheinen überall Anzeigen, die versprechen: “Mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit wird Ihr nächstes Kind ein Junge”, durch die Trennung von X-und Y- Chromosomen im Sperma. Über die Folgen einer derartigen Selektion macht sich freilich kaum jemand Gedanken. Ungerührt wird in Indien zur Kenntnis genommen, dass seit Jahren der weibliche Anteil der Bevölkerung kontinuierlich und drastisch fällt. Bei der Volkszählung 1961 kamen noch 972 Frauen auf 1000 Männer. 1991 waren es nur noch 927, in den rückständigsten Staaten Bihar, Uttar Pradesh und Rajasthan in ganzen Landstrichen sogar nur noch 600. Die Frauen-Kommission für Delhi kommt in ihrem jüngsten Bericht zu der Feststellung: “Mädchen wird eine ausreichende Ernährung oder medizinische Versorgung systematisch vorenthalten. Von klein auf müssen sie um ihr Überleben kämpfen. Ein Viertel der 13 Millionen Mädchen, die jedes Jahr geboren werden, erleben nicht ihren 15. Geburtstag.” Die letzte Volkszählung 1991 zeigte, dass es in der indischen Hauptstadt 900000 weniger Frauen als Männer gab, in der Altersgruppe 0 bis 5 Jahre waren es 71000 weniger Mädchen als Jungen. Wenn im Jahr 2001 die nächste Volkszählung stattfindet, wird das Ergebnis wohl noch schlimmer ausfallen. Doch im indischen Wertesystem gelten Frauen weiter nichts. Denn, wie sagt doch das Sprichwort: Ein Mädchen aufwachsen zu lassen ist so, als würde man den Garten des Nachbarn bewässern.“ (Gabriele Venzky: Das Mädchen, das leben darf, KStA Nr. 240 v. 13.10.1999)

Arabischer Originaltext:
بِأَيِّ ذَنۢبٖ قُتِلَتۡ


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