Nachtreise (Al-Isra)

Im zehnten Jahr seiner Botschaft erlebte der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, das wunderbare Ereignis des “Al-Isra und Al-Miradsch”.

Der Engel Gabriel (a. s.) kam eines Nachts mit der Aufforderung Allahs, des Allmächtigen, der Prophet solle in den Himmel auffahren. Der Prophet unternahm zunächst die Reise von Makka nach Jerusalem in einer einzigen Nacht; dann stieg er von dort mit Gabriel in den Himmel empor. (vgl. Quran 17:1ff. und 53:1ff.)

Am nächsten Morgen berichtete der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, dem Volk nur über seinen Besuch in Jerusalem. Das zog ihm den Hohn seiner Feinde zu. Hört nur, schrien sie, was für einen Unsinn er schwätzt! Jetzt werden wohl auch seine Anhänger über ihn lachen. Wer glaubt schon an einen solchen Mittsommernachtstraum? Das Gerede hielt noch an, als Abu Bakr (r) erschien. Weißt du auch, Abu Bakr, welche Neuigkeiten dein Freund heute Morgen für dich hat? , fragte einer der Männer. Er sagte, er sei letzte Nacht in Jerusalem gewesen. Glaubst du das? Ich glaube alles, was der Gesandte Allahs sagt, entgegnete Abu Bakr. Als der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, dies erfuhr, sagte er gleich: Abu Bakr ist ein Siddiq. Ein “Siddiq” ist ein Mann so aufrichtigen Herzens, dass niemals ein Zweifel seine Liebe beeinträchtigen kann.

Abu Bakr (r) bekam diesen Titel, weil sein Glaube zu fest war, um durch irgendetwas erschüttert zu werden. Ibn Ishaq berichtete: In der Nachtreise des Propheten (s.) finden die Muslime einen Ausdruck für die Macht und die Herrschaft Allahs.

Es war Allahs Wille, dass Er Muhammad die Nachtreise durchführen ließ, um ihm von Seinen Wundern zu zeigen, damit der Prophet mit eigenen Augen die gewaltige Macht Allahs sehe.

Abdullah Ibn Masud berichtete:
Dem Propheten wurde der “Buraq” gebracht. Dies ist das Reittier, auf dem auch die Propheten vor ihm geritten waren und das seinen Huf bei jedem Schritt so weit setzt, wie sein Blick reicht. Er wurde auf das Reittier gehoben, und Dschibril (Gabriel) begleitete ihn, wobei er die Wunder zwischen Himmel und Erde sah, bis er nach Jerusalem gelangte.

Al-Hasan berichtete:
Der Prophet ritt zusammen mit Dschibril bis nach Jerusalem. Dort fand er Ibrahim (Abraham), Moses und Jesus inmitten anderer Propheten. Muhammad (s.) trat als Vorbeter vor sie hin und betete mit ihnen. Sodann wurden ihm zwei Gefäße gebracht, das eine mit Wein gefüllt, das andere mit Milch. Der Prophet nahm das Gefäß mit der Milch und trank davon. Das Gefäß mit dem Wein aber ließ er stehen. Da sprach Dschibril zu ihm:>Rechtgeleitet wurdest du für die Schöpfung und rechtgeleitet wurde dein Volk, o Muhammad! Der Wein ist euch verboten. Dies ist nun wirklich unmöglich! Die Karawane braucht einen Monat von Makka nach Syrien und wieder einen Monat für den Rückweg. Wie will Muhammad beides in einer Nacht tun! < Viele von denen, die sich bereits bekehrt hatten, fielen wieder ab vom Glauben, und die Leute kamen zu Abu Bakr und fragten ihn: >Was hältst du nun von deinem Freund? Er behauptet, er sei vergangene Nacht in Jerusalem gewesen, habe dort gebetet und sei wieder nach Makka zurückgekehrt. < >Ihr lügt! <, entgegnete Abu Bakr, doch sie blieben bei ihren Worten und fuhren fort: >Dort in der Al-Kaba ist er und erzählt den Leuten davon. < >Bei Allah<, sprach darauf Abu Bakr, >wenn er es sagt, ist es auch wahr. Was verwundert euch so daran? Er berichtet mir ja auch, dass ihn Offenbarungen von Allah, vom Himmel zur Erde, in einer Stunde der Nacht oder des Tages erreichen, und ich glaube es ihm. Dabei ist es viel erstaunlicher als das, worüber ihr euch jetzt wundert. O Prophet Allahs, hast du jenen Leuten erzählt, du seist heute Nacht in Jerusalem gewesen? <, und als Muhammad seine Frage bejahte, fuhr er fort: >So beschreibe es mir; denn ich bin schon dort gewesen! < Der Prophet begann, Abu Bakr Jerusalem zu beschreiben, und immer, wenn er etwas geschildert hatte, rief Abu Bakr aus: >Du hast die Wahrheit gesprochen! Ich bezeuge, dass du der Gesandte Allahs bist! < Am Ende sagte deshalb der Prophet zu Abu Bakr: >Du, Abu Bakr, bist der As-Siddiq (, der, die Wahrheit bezeugt). <

Damals gab der Prophet Abu Bakr diesen Beinamen “As-Siddiq”. Über diejenigen, die wegen Muhammads Bericht über die Nachtreise wieder vom Islam abfielen, offenbarte Allah den Quran-Vers 17:60: Und Wir haben die (Himmels-) Besichtigung, die Wir dir ermöglicht haben, nur als eine Prüfung für die Menschen gemacht und ebenso den verfluchten Baum im Quran. Und Wir warnen sie, jedoch es bestärkt sie nur noch in ihrer großen Ruchlosigkeit.

Der Prophet (s.) beschrieb die Propheten Ibrahim, Moses und Jesus, wie er sie in jener Nacht sah, folgendermaßen: Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der mir ähnlicher war, als Ibrahim. Moses war von rotbrauner Hautfarbe, hochgewachsen, dürr, mit gekräuselten Haaren und einer Hakennase, als gehöre er zum Stamm der Schanua.

Jesus war von heller Hautfarbe, weder klein noch groß, mit glattem Haar und vielen Flecken im Gesicht, als sei er gerade aus dem Bad gekommen. Man dachte, sein Haar tropfe vor Wasser, ohne dass jedoch welches daran war. Der, der ihm von euch am meisten ähnlich sieht, ist Urwa Ibn Masud, vom Stamm Thaqif.

Umm Hani, die Tochter Abu Talibs berichtete über die Nachtreise des Propheten (s.) : Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, schlief in jener Nacht bei uns. Er hatte das Nachtgebet verrichtet und war mit uns zur Bettruhe gegangen. Kurz vor Anbruch des Frühlichts weckte er uns, und nachdem wir zusammen das Morgengebet verrichtet hatten, sagte er: >O Umm Hani, ich habe gestern das Nachtgebet, wie du gesehen hast, mit euch hier in diesem Tal verrichtet. Dann kam ich nach Jerusalem und betete dort. Und nun habe ich das Morgengebet, wie du siehst, hier mit euch verrichtet. < Mit diesen Worten erhob er sich, um wegzugehen. Ich ergriff den Saum seines Gewandes, wodurch sich sein Leib entblößte, als wäre es ein koptisches Faltengewand, und bat ihn: >O Prophet Allahs, erzähle den Leuten nichts davon; denn sie werden dich einen Lügner nennen und beschimpfen. < >Bei Allah, ich werde es ihnen erzählen! < antwortete er jedoch. Nun hatte ich eine abessinische Sklavin, und dieser befahl ich, dem Propheten zu folgen, um zu hören, was er den Leuten erzählte und was diese zu ihm sagten. Der Prophet ging zu den Leuten und berichtete ihnen von seinem Erlebnis. Diese aber wunderten sich und sprachen: >Was für einen Beweis hast du dafür, Muhammad? Wir haben noch nie so etwas gehört. < >Der Beweis dafür<, erwiderte er, >ist, dass ich in dem und dem Wadi (Tal) an der Karawane der Banu Soundso vorüberkam, die vor dem Geräusch meines Reittieres erschraken und denen ein Kamel davonlief, das ich ihnen aber wieder zu finden half. Dies geschah auf meinem Weg nach Syrien. Ich reiste weiter, bis ich beim Berge Dadschnan an der Karawane des Stammes Soundso vorüberkam. Die Leute schliefen gerade. Bei sich hatten sie einen Wasserbehälter, den sie mit irgendetwas zugedeckt hatten. Ich nahm die Decke ab, trank den ganzen Inhalt und deckte das Gefäß wieder zu, wie es war. Als Beweis dafür sage ich euch, dass ihre Karawane gegenwärtig von der Höhe Baida zum Pass von Tanim herunterzieht, angeführt von einem staubfarbenen Kamel mit zwei Säcken, von denen der eine schwarz ist und der andere verschiedene Farben aufweist. Er sagt die Wahrheit! Wir erschraken in jenem Wadi, das er genannt hat, und ein Kamel lief uns weg. Darauf hörten wir die Stimme eines Mannes, die uns den Weg wies, bis wir das Tier wiederfanden. < (Rtt)