Quellen des Islam

Fundament der islamischen Lehre ist der Quran.

“Quran” heißt wörtlich “lesen, vortragen” oder “das Gelesene, der Vortrag”.

Der Quran enthält nicht die Gedanken und die Weisheit eines Menschen, sondern die Offenbarungen Allahs, so wie sie dem Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, durch den Engel Dschibril (Gabriel) Wort für Wort übermittelt wurden.

Allah (t) sagt in Sura 69, Vers 38-48: Doch Ich schwöre bei dem, was ihr seht, und bei dem, was ihr nicht seht, dass dies wahrlich das Wort (Allahs durch den Mund) eines ehrwürdigen Gesandten ist. Es ist aber nicht das Werk eines Dichters; wenig ist das, was ihr glaubt, noch ist es die Rede eines Wahrsagers; wenig ist das, was ihr bedenkt. (Es ist) eine Offenbarung vom Herrn der Welten. Und hätte er irgendwelche Aussprüche in Unserem Namen ersonnen, hätten Wir ihn gewiss bei der Rechten gefasst und ihm dann die Herzader durchschnitten. Und keiner von euch hätte (Uns) von ihm abhalten können. Und wahrlich, es ist eine Ermahnung für die Gottesfürchtigen.

Der Quran wurde nicht auf einmal offenbart, sondern im Laufe von 23 Jahren Stück für Stück, jeweils als Antwort Allahs auf einen bestimmten Anlass hin. Als die Offenbarungen sich häuften, ließ der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, selbst des Lesens und Schreibens unkundig, sie sofort aufschreiben und auswendig lernen und gab – gemäß der Anweisung Dschibrils (Gabriels) – jeweils die Stelle an, in welche die neue Offenbarung eingegliedert werden sollte.

Der Urtext dieser Offenbarungen ist im Quran bis heute unverändert erhalten geblieben.

Die zweite Quelle der islamischen Lehre ist die Sunna des Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, d. h. die Überlieferung darüber, wie er selbst als leuchtendes Beispiel den Islam verwirklichte.

Diese Überlieferung ist festgehalten in den Hadithen.

Dies sind Berichte über Aussprüche, Taten, Eigenschaften und stillschweigende Billigungen des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm.

In den Hadithen werden vielfach auch Anweisungen aus dem Quran näher erläutert. Die Vorschriften, die sich aus der Sunna ergeben, sind für den Muslim ebenso verbindlich wie die quranischen Gebote selbst. Hinzugefügt sei noch, dass die vom Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, überlieferten Aussprüche in ihrem Stil von der quranischen Ausdrucksweise völlig verschieden sind.

Die dritte Quelle des Islam ist die Übereinkunft (Idschma) der Prophetengefährten (Sahaba) ; sie bezieht sich nicht auf individuelle Rechtsansichten der Prophetengefährten, sondern auf eine auf Offenbarung beruhende Rechtsentscheidung des Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, zu einer Rechtsfrage.

Die Prophetengefährten haben aufgrund ihrer Nähe zum Propheten eine besondere Stellung. Quran und Sunna sind uns durch sie überliefert worden. Waren sie sich in ihrer Gesamtheit nach dem Tode des Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, über eine Rechtsfrage einig und gab es unter ihnen niemanden, der einen Einwand erhob, so bedeutet dies, dass sie nach einer ihnen bekannten Rechtsentscheidung des Propheten handelten, die uns nicht gesondert überliefert ist.

Die vierte Quelle des Islam ist der Analogieschluss (Qiyas).

Wurde zu einer Rechtsfrage in Quran und Sunna und Übereinkunft der Prophetengefährten (Idschmau-s-Sahaba) kein Gesetz ausdrücklich erwähnt, wird eine Verbindung zwischen diesem Fall und einer vorhandenen Rechtsentscheidung hergestellt.

Voraussetzung dafür ist die Übereinstimmung beider Rechtsfragen durch die Begründung des Gesetzes bzw. die Absicht des Gesetzgebers.

Der Islam ist mit allen seinen Gesetzen zu jeder Zeit und an jedem Ort genauso unverändert gültig, wie Allah (t) ihn Seinem Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, vor mehr als 1400 Jahren offenbart hat. Dabei ist für jede neu entstehende Situation oder Rechtsfrage, die sich etwa aus der Entwicklung der Technologie ergibt, auf der Grundlage der oben genannten vier Rechtsquellen des Islam – Quran, Sunna, Idschma der Prophetengefährten, Qiyas- eine Rechtsentscheidung zu finden.

Das Geheimnis der Dynamik des Islam liegt in seiner Methode der Gesetzesableitung, des “Idschtihad”, die es ihm ermöglicht, jede neue Situation anhand des islamischen Rechts zu bewerten und in sein System einzuordnen. Aufgrund der Vollständigkeit der Offenbarung ist eine “Um-Interpretation” mit dem Wandel der Zeit weder notwendig noch gestattet.

Die Rolle des Verstandes in der Rechtsfindung begrenzt sich auf die genaue Untersuchung des Rechtsproblems und die Bezugnahme auf die relevanten Quran-Verse (Ayat) und Aussprüche des Propheten Muhammad.

Der menschliche Verstand ist begrenzt und beeinflussbar und kann weder allein definieren, was gut oder schlecht ist, noch seine eigenen Gesetze machen.

Die vergangenen und derzeitigen Verirrungen der Menschheit beweisen dies im Übermaß. Der Mensch ist durch seinen Verstand dazu in der Lage und wird dazu aufgefordert, über die Grundlagen seiner Glaubensüberzeugung nachzudenken und sie intellektuell zu beweisen.

Eine blinde Nachahmung in der Glaubensgrundlage, durch die sich andere Religionen und Ideologien auszeichnen, lehnt der Islam ab.

Der menschliche Verstand kann, ausgehend von einer genauen Betrachtung des Universums, das in seiner Gesamtheit wie in allen seinen Bestandteilen begrenzt und abhängig ist, auf die notwendige Existenz eines unendlichen, unabhängigen und allmächtigen Schöpfers – Allah – schließen, Der alles nach Seinem Plan erschaffen hat und erhält.

Der menschliche Verstand ist dazu in der Lage, die Wahrhaftigkeit der göttlichen Offenbarungen und des Quran als letzte, für alle Menschen gültige Offenbarung zu erkennen, durch die uns Allah das Wissen vermittelt, das wir von uns aus nicht haben können.

Es ist dem menschlichen Verstand ebenfalls möglich, die Gesandtschaft der Propheten und Muhammads als letztem Propheten definitiv zu beweisen.

Hat der Mensch diese Grundlage der Glaubensüberzeugung durch seinen Verstand bewiesen, akzeptiert er alle eindeutig auf der Offenbarung beruhenden Glaubensartikel und Gesetze und wird dadurch zum “Muslim”, zu einem Menschen, der sich dem Willen seines Schöpfers unterwirft.

Die Durchführung Seiner Gesetze folgt aus dieser Unterwerfung und ist nicht von einem “Verstehen” unseres begrenzten Verstandes abhängig.